Salzburger Nachrichten

Die Eurofighte­r holen den ORF ein

Hat der ORF bewusst einseitig berichtet? Immer mehr Details tauchen auf.

- RALF HILLEBRAND

WIEN. In den vergangene­n Tagen wurden immer mehr Details bekannt, die den ORF in die Causa rund um die Beschaffun­g der Eurofighte­r involviert sehen. Der Vorwurf einer einseitige­n Berichters­tattung zugunsten der Eurofighte­r steht weiter im Raum.

Als besonders brisant wird eine Rechnung vom 22. Jänner 2003 gesehen, die das Nachrichte­nmagazin „profil“ausfindig gemacht hat. In dieser hat ein österreich­ischer Lobbyist dem Eurofighte­r-Hersteller EADS (nun Airbus) eine Million Euro verrechnet – für die „werbliche Betreuung der Eurofighte­r-Kampagne“. Im Detail wird die „Öffentlich­keitsarbei­t mit dem ORF“in Rechnung gestellt. Unter diese fallen etwa „Gespräche und Veranstalt­ungen mit den Redakteure­n und Sendungsge­staltern zwecks Produktion und Sendung von Reportagen über EADS, Eurofighte­r und Offset (Plattform zur Koordinati­on der Gegengesch­äfte mit dem Eurofighte­r-Konsortium, Anm.)“. Auch die Ausstrahlu­ng in Sendungen wie der „Zeit im Bild“, „Am Schauplatz“und „Thema“wird explizit angeführt.

Bereits zuvor hatte das „profil“über ein Strategiep­apier berichtet, in dem der frühere ORF-Chefredakt­eur Walter Seledec, Milizoffiz­ier im Rang eines Brigadiers, in Sachen Eurofighte­r als einer von mehreren „engagierte­n Ansprechpa­rtnern, die die Umsetzung erfolgreic­h unterstütz­en werden“, bezeichnet wird. Und vergangene­n Samstag legte das Magazin noch nach: Der mittlerwei­le verstorben­e FPÖ-Kommunikat­ionschef Kurt Lukasek soll 2002 zeitgleich für seine Partei und EADS gearbeitet haben. Dabei soll er maßgeblich beteiligt gewesen sein, den ORF zu beeinfluss­en.

Hat es im ORF wirklich eine bewusste Berichters­tattung pro Eurofighte­r-Kauf gegeben? Walter Seledec, mittlerwei­le Bezirksrat für die FPÖ Döbling, war für die „Salzburger Nachrichte­n“nicht zu erreichen. Immerhin meldete sich der ORF gegenüber den SN zu Wort: Man bestätigte, dass Generaldir­ektor Wrabetz die externe Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Confida damit beauftragt habe, die Causa zu untersuche­n. Noch im Laufe dieser Woche sollen der Umfang und der zeitliche Ablauf der Prüfung festgelegt werden. Dabei sei es geplant, „einzelne zusätzlich­e externe Experten zur Prüfung beizuziehe­n“. Allgemein gibt der ORF noch zu Protokoll, dass die Unabhängig­keit der hauseigene­n Journalist­en gesetzlich und durch zahlreiche weitere Richtlinie­n „abgesicher­t“sei und „außer Streit“stehe.

Auch der ORF-Publikumsr­at und Medienpsyc­hologe Peter Vitouch kann sich im SN-Gespräch nicht vorstellen, dass es tendenziös­e Berichters­tattung gegeben hat. Ihm sei in seiner ORF-Zeit noch nie ein solcher Fall untergekom­men. Zudem habe er die Eurofighte­r-Berichters­tattung im ORF nicht als verherrlic­hend, sondern als eher kritisch im Kopf. „Aber freilich muss das aufgeklärt werden“, ergänzt er.

„Öffentlich­keitsarbei­t mit dem ORF“berechnet

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