Wenn die Mutter mit dem Sohn nicht mehr klarkommt
Ein Krimi, der kein Krimi ist – oder doch? Wie Corinna Harfouch eine Rolle meistert, in der Mutter- und Beschützerinstinkt mit Kontrollwahn einherzugehen droht.
SALZBURG. Die Kriminalkommissarin Caro ist bei ihren Kollegen beliebt, die Arbeit bewältigt sie souverän. Aber ihr Privatleben wird immer wieder von Zwistigkeiten mit ihrem Sohn Ben geprägt. Ihm scheint der Ernst des Lebens egal zu sein, die Nächte verbringt er in Diskotheken und das Schlimmste: Auch Drogen sind Ben nicht fremd. 18 Jahre sind ein Alter, in dem ausgelotet wird, was alles möglich ist. Und Ben reizt aus, was er für seine Grenzen hält. Caro muss erleben, dass Ben ihr immer weniger erzählt und immer selbstständiger wird. Die gemeinsamen Segeltouren auf dem Main interessieren Ben immer weniger, er möchte lieber mit Mädchen zusammen sein. Dass Caro den Draht zu ihrem Sohn verloren hat, ist natürlich eine mittlere Katastrophe.
Doch es kommt noch ärger. Nach einem Raubüberfall auf eine Tankstelle in einem Randbezirk Frankfurts vermutet die Kommissarin, dass Ben etwas damit zu tun hat. Sie glaubt sogar, ihren Sohn auf einem Überwachungsvideo der Tankstelle erkannt zu haben. Ein Gewissenskonflikt ist unausweichlich. Wird Caro ihrem Mutterinstinkt folgen und Spuren verwischen? Sie glaubt zu wissen, was das einzig Richtige für ihr Kind ist, und verdrängt darüber alle Maßstäbe, auch jene, die sie selbst betreffen.
„Das ist etwas, das wir uns nicht vorstellen können“, sagt Corinna Harfouch zu der Situation ihrer Figur der Caro. Harfouch hat selbst vier Kinder und wird in dem Fernsehdrama „Viel zu nah“schauspielerisch voll gefordert. Auch dank ihrer Theatererfahrung kommt die Zerrissenheit von Caro, die ihren Sohn (Simon Jensen) keinesfalls verlieren will, vehement zur Geltung.
Nebenrollen spielen Peter Lohmeyer als Caros Ex-Mann, der eine neue Familie hat und wieder Vater wird, sowie Philipp Hochmair, Tayfun Bademsoy und Marie-Lou Sellem. Der wie Harfouch vom Theater kommende Wiener Hochmair fällt im Fernsehen immer öfter durch außergewöhnliche Rollen auf.
Petra K. Wagner zeichnet für Buch und Regie verantwortlich. Sie ist seit 1980 Autorin und Regisseurin. Ihr Fernsehspiel „Oskar und Leni“mit Anna Thalbach und Christian Redl lief sogar im Kino. Viel zu nah, heute, Mittwoch, ab 20.15 Uhr in der ARD.