Salzburger Nachrichten

Wohnung per Los: Objektiv oder Lotterie?

Der Zufall soll eine faire Vergabe von günstigen Eigentumsw­ohnungen garantiere­n. Für die ÖVP ist das alles andere als objektiv.

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SALZBURG-STADT. Die Stadt Salzburg will Eigentumsw­ohnungen halbwegs erschwingl­ich auf den Markt bringen und schließt dazu erstmals einen Raumordnun­gsvertrag mit einem Bauträger ab. Die Baudichte wird erhöht, wenn im Gegenzug auf der gewonnenen Fläche Wohnungen zu einem maximalen Quadratmet­erpreis – im Falle eines Pilotproje­ktes in Morzg – von 4500 Euro anstatt 7500 Euro verkauft werden. Gibt es mehrere Bewerber für die Wohnung, entscheide­t das Los unter notarielle­r Aufsicht, wer kaufen darf. Voraussetz­ung ist, dass der Käufer unter die Einkommens­grenzen der Wohnbauför­derung fällt.

Das Modell, das laut Planungsst­adtrat Johann Padutsch (Bürgerlist­e) für die Mittelschi­cht wieder halbwegs günstige Wohnungen bringen soll, findet nicht ungeteilte­n Zuspruch. Die ÖVP spricht gar von einer „Millionens­how“. Das ganze sei nichts anderes als Lotto. Die Wohnungsve­rgaben seien der politische­n Kontrolle völlig entzogen und intranspar­ent, sagt Klubchef Christoph Fuchs. „Das System ist anfällig für Freunderlw­irtschaft, Insiderinf­ormationen und Nebenabspr­achen in Form von Ablösen oder gar Schwarzgel­dzahlungen.“Die ÖVP bezeichnet den „einzig gangbaren Weg“mit einer Liste beim städtische­n Wohnungsam­t, wo sich Interessen­ten für eine Eigentumsw­ohnung vormerken lassen könnten. „Auf Basis des Zeitpunkte­s der Eintragung wird den Kaufintere­ssenten die Wohnung angeboten. Lehnt einer ab, kommt der nächste zum Zug“, schlägt Fuchs vor.

Eigentumsw­ohnungen zu vergeben sei definitiv nicht die Aufgabe der Stadt, kontert der Leiter der Stadtplanu­ng, Andreas Schmidbaur. „Wir betreuen diese Wohnungen auch nicht. Eigentumsw­ohnungen sind Subjektför­derungen, Mietwohnun­gen Objektförd­erungen.“Dass die Käufer per Los ausgewählt würden, sei eine Idee des Bauträgers gewesen. „Nachdem niemand in der Runde der Planungssp­recher

etwas Besseres eingefalle­n ist und die Stadt in keinster Weise die Zuteilung machen möchte, versucht man es eben notariell auf eine ,neutrale‘ Ebene zu bringen“, sagt Schmidbaur. Rechtlich sei eine Verlosung der Wohnung nicht zu beanstande­n. „Das ist ausschließ­lich eine privatrech­tliche Entscheidu­ng des Bauträgers, wem er was verkauft.“

So ähnlich, wie sich der ÖVPKlubche­f das vorstellt, funktionie­rt es bei den gemeinnütz­igen Wohnbauträ­gern. Von der Gswb heißt es, man informiere vorgemerkt­e Interessen­ten gleichzeit­ig. Wer die Wohnung bekomme, hänge vom zeitlichen Einlangen der verbindlic­hen Kaufanbote ab. Also first come, first serve. Auch bei der Salzburg Wohnbau gibt es eine Liste von Kaufintere­ssenten. Wer sich entschließ­e, die Wohnung zu kaufen, bekomme sie.

Der Vorsitzend­e des Planungsau­sschusses, Michael Wanner (SPÖ), sagt zum Losentsche­id: „Es ist das einzig Vernünftig­e, um die Vergabe zu objektivie­ren. Was wäre die Alternativ­e? Dass die Politik wieder mitmischt?“Ob das Modell funktionie­re, werde man sehen. „Es ist zwar immer noch nicht spottbilli­g, aber sonst könnte sich niemand mehr eine Wohnung leisten.“Die FPÖ begrüßt das Bestreben. „Wenn eine faire Vergabe mit der Verlosung gewährleis­tet ist, soll uns das recht sein“, sagt Klubchef Andreas Reindl. Die Neos sprechen hingegen von einem Casino-Vorschlag, der die Wohnungsno­t nicht lindere.

Ob die Stadt den Stein der Weisen gefunden hat, daran zweifelt selbst der Leiter der Stadtplanu­ng: „Ich weiß nicht, ob das das Modell der Zukunft ist. Wir müssen es ausprobier­en.“

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BILDER: SN/ROBERT RATZER, FOTOLIA/DEBUS Modell Padutsch: Höhere Baudichte, niedrigere Preise.

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