Mehr als 9000 Neonazi-Beiträge
Angeklagter sinnierte über einen „Freistaat Salzburg“samt Straflagern.
SALZBURG-STADT. Der Holocaust? Ein „Vergasungsmärchen“und ein „erlogenes Geschichtsbild zur Judenlüge“. Mehr als 9000 derartiger einschlägiger Beiträge soll ein Salzburger Unternehmer auf der mittlerweile gesperrten Neonazi-Webseite „Thiazi-Forum“verfasst haben. Zudem soll er andere Forumnutzer zur NS-Wiederbetätigung angestachelt haben. Am Dienstag musste sich der gebürtige Tennengauer vor einem Schwurgericht in Salzburg verantworten.
Laut Anklage hat der Unternehmer seine Beiträge unter dem Pseudonym „Wolke“verfasst. „Er hat dabei den Holocaust geleugnet, die Ziele und Persönlichkeiten der NSDAP verherrlicht und gegen Juden und andere NS-Verfolgte gehetzt“, sagte Staatsanwalt Marcus Neher. Über eine EMail-Adresse habe man den 52Jährigen als Verfasser der Beiträge verifizieren können. Zudem hätten andere Thiazi-Mitglieder den Angeklagten als „Wolke“ identifiziert. Der Unternehmer bestritt gegenüber Richterin Gabriele Glatz, jemals einen Beitrag verfasst zu haben. Er habe lediglich mitgelesen. Seine E-MailAdresse habe er einem Bekannten geliehen. Dieser sei dann als „Wolke“im Forum aktiv gewesen. Nähere Angaben zu dem Unbekannten machte er nicht: „Ich will die Anonymität des ,Herrn Wolke‘ schützen. Das ist mir mein eigenes Strafverfahren wert“, sagte der Unternehmer. Das Recht auf freie Meinungsäußerung lege er weiter aus als das österreichische Strafgesetzbuch.
Wieso den Unternehmer mehrere Personen als „Wolke“erkannt haben wollen? Vor knapp zehn Jahren habe er mehrere Thiazi-Mitglieder auf dem Münchener Oktoberfest getroffen, sagte der 52-Jährige. Dort habe er sich als „Herr Wolke“ausgegeben – weil ihn sein Bekannter darum gebeten habe.
Bei einer Hausdurchsuchung fanden Ermittler bei dem Unternehmer ein Pamphlet, in dem er über einen „Freistaat Salzburg“sinniert. Der Tennengauer fordert in seinem „Z-Plan“genannten Konzept unter anderem die Errichtung von Straflagern, das Umstellen von Ausländervierteln und die Zwangssterilisation von Zugezogenen. „Ja, ich bin der Verfasser“, gab er offen zu. Der „ZPlan“sei eine bloße Ideensammlung. „Die Grundsätze erinnern frappierend an die NS-Programme“, sagte Staatsanwalt Neher.
Der Angeklagte plädierte auf einen Freispruch im Zweifel. Laut seinem Verteidiger Michael Polst gebe es keinen technischen Beweis, dass sein Mandant die Beiträge im Internet geschrieben habe. Für Donnerstag ist ein weiterer Verhandlungstag angesetzt. Im Falle eines Schuldspruches droht dem 52-Jährigen eine Haftstrafe von fünf bis zehn Jahren.
„Er hat den Holocaust geleugnet und die Ziele der NSDAP verherrlicht.“