„Schlussstrich“unter die Nazi-Zeit
Mauterndorf will endlich das dunkle Kapitel Hermann Göring abschließen. Neue Erkenntnisse sollen über seine Ehrenbürgerschaft entscheiden.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 800 Jahre Markt Mauterndorf greift die Lungauer Gemeinde ein noch immer heißes historisches Eisen an. Historiker werden am Freitag nach jahrelangen Forschungen neue Erkenntnisse über den Nationalsozialisten Hermann Göring sowie dessen Taufpaten und Burgherrn Hermann Epenstein präsentieren. Das besonders Brisante: Göring war seit 1938 Ehrenbürger der Gemeinde. Kritiker fordern seit Langem, dem ehemaligen Oberkommandierenden der deutschen Luftwaffe und Kriegsverbrecher posthum die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen.
Bgm. Wolfgang Eder (ÖVP) sagt auf SN-Anfrage: „Ich will endlich einmal einen Schlussstrich ziehen und es genau wissen.“Er habe den Auftrag erteilt, die Geschichte komplett wertfrei aufzuarbeiten. „Wir wollen nichts beschönigen. Was es wiegt, das hat’s.“Es störe ihn, betont der 67-Jährige, dass er ständig angefeindet werde. „Obwohl ich dank der Gnade der späten Geburt als einziger Bürgermeister der Nachkriegszeit Göring gar nicht gekannt habe.“Der Titel der Veranstaltung am Freitag um 19.30 Uhr im Kultursaal der Burg Mauterndorf lautet: „Mythos – Legende – Wirklichkeit. Hermann Göring. Eine Tatsachenfeststellung nach 80 Jahren.“Den Abend bestreiten der Ortschef und die Historiker Hanno Bayr und Klaus Heitzmann. Bayr wird sein neues Buch vorstellen: „Berlin trifft Mauterndorf. Eine Reise mit Epenstein und Göring.“
Am Ende könnte die Gemeinde die Ehrenbürgerschaft doch noch tilgen. „Die Historiker konnten neue Dokumente in Berlin und Washington einsehen, die die Amerikaner mitgenommen hatten“, erklärt Eder. Die Gemeindevertretung werde aus den Ergebnissen, die er selbst noch nicht kenne, ihre Schlüsse ziehen, „damit wir in Zukunft nicht mehr belästigt werden“. Kann das auch die Annullierung der Ehrenbürgerschaft bedeuten? Eder: „Ja, wenn notwendig.“Freilich habe sich die Gemeinde „schon immer von den Nazis distanziert“.
Göring verbrachte einen Teil seiner Kindheit und Jugend in Mauterndorf. Er erbte die Burg von der Witwe Epensteins und war damit von 1939 bis zu seinem Tod 1946 Schlossbesitzer. Die Nazi-Größe galt als Gönner Mauterndorfs, finanzierte den Bau der Ortswasserleitung. Im Oktober 1946 wurde Göring im Nürnberger Prozess vom internationalen Militärgerichtshof zum Tod verurteilt. Er verübte vor der Hinrichtung Selbstmord.
„Die Gemeinde wird ihre Schlüsse ziehen.“