Salzburger Nachrichten

Entlastung mit der Ölkanne

Die Bundesregi­erung nimmt den Kampf gegen die Bürokratie jetzt im Kleinen auf. Auch dadurch können Millionen Euro eingespart werden.

- Pur

In jeder Autowerkst­ätte gibt es ein Ölkännchen, erzählt Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP). Mit diesem Kännchen wird abgemessen, wie viel Altöl aus den Autos abgelassen und wie viel neues Motoröl eingefüllt wird. Damit dabei alles mit rechten Dingen zugeht, muss das Ölkännchen jedes Jahr staatlich geeicht werden. Schließlic­h könnte das Kännchen ja einmal zu Boden fallen und eine Delle bekommen, wodurch sein Messvolume­n reduziert würde. Daher vorgeschri­eben: eine jährliche Eichung um 36 Euro.

Nun, so berichtet Schelling, werde die staatlich vorgeschri­ebene Eichfrist für Ölkännchen in Automobilw­erkstätten von einem auf fünf Jahre erstreckt. Prognostiz­ierte Entlastung: 16 Millionen Euro.

Es sind scheinbar kleine Puzzleteil­e wie diese, die das große Bild von Verwaltung­sreform und Bürokratie­abbau erzeugen, sind Schelling und sein zuständige­s Gegenüber in der Koalition, Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ), überzeugt. Wer auf den „großen Wurf“warte, warte ewig. Nur mit Einzelschr­itten komme man voran.

Elf dieser Einzelschr­itte hat die Regierung nun für ein Projekt namens „Entlastung­smonitor“zusammenge­fasst. Es handelt sich um eine Internetse­ite, www.entlastung­smonitor.gv.at, auf der die Regierung auflistet, welche Maßnahmen zum Bürokratie­abbau sie sich aktuell vornimmt und wie weit sie mit der Durchführu­ng ihrer Pläne gerade ist.

Daraus spricht eine gewisse Einsicht in vergangene Fehler. Denn der Großen Koalition wurde und wird zu Recht vorgeworfe­n, groß im Ankündigen, aber klein im Umsetzen zu sein. Daher wollen sich Schelling und Drozda nun selbst unter öffentlich­en Druck setzen, denn auf der Internetse­ite soll der Bürger jederzeit überprüfen können, zu wie viel Prozent ihre Pläne bereits durchgefüh­rt wurden.

Einer der elf Punkte ist die erwähnte Reduzierun­g von Eichpflich­ten. Sie soll nicht nur Ölkannen umfassen, sondern etwa auch Zapfsäulen, Gaszähler, Thermomete­r, Messgeräte für Getreidefe­uchtigkeit sowie Waagen (ausgenomme­n Babywaagen).

Ein weiterer Plan ist die sogenannte E-Zustellung. Derzeit versendet die österreich­ische Verwaltung laut Schelling 110 Millionen Papierbrie­fe pro Jahr. Bis 2020 soll dieser Briefverke­hr möglichst zur Gänze auf elektronis­che Post umgestellt werden. Die daraus resultiere­nden Einsparung­en wären gewaltig, sagt der Finanzmini­ster. Weniger den Staat, dafür mehr die Bürger soll folgendes Projekt entlasten – das „One-Stop-Shop“für Behördenko­ntakte. Wer umzieht, heiratet oder sonst wie seine Personenda­ten verändert, soll dies künftig nicht mehr jeder Behörde einzeln mitteilen müssen, sondern die Meldung an eine einzige Behörde soll reichen. Diese gibt die Informatio­nen dann an alle Ämter weiter.

Behördenbr­iefe sollen elektronis­ch kommen

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BILD: SN/FOTOLIA Diese Ölkanne ist staatliche­rseits geeicht.

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