Menschen fliehen im Raumschiff
Um Extremes zu erkunden, stürzt sich eine Autorin ins Meer der Wörter.
Sie ist verliebt in die Sprache, wie es nur einer Autorin aus Österreich zukommt. Sie stürzt sich ins Meer der Wörter und erkennt offenbar rasch, dass diese für die einfache Sinnproduktion nicht zu haben sind. Zu bunt treibt es die Sprache, als dass sich Isabella Feimer auf eine Geschichte, die sich ohne Widerrede niederschreiben ließe, einlassen will.
Immerhin schwebt die Ich-Erzählerin im soeben erschienenen neuen Buch „Stella maris“durch Zeit und Raum, ist eine Kunstfigur, die Jahrhunderte durchgestanden hat und die Geschichte der Menschheit aus eigener Anschauung und aus der Erinnerung kennt. Es ist naheliegend, dass sich solch eine Gestalt einer Kunstsprache bedient, dem Alltäglichen enthoben. Es fehlt die Trennschärfe. Zeiten mischen sich, „ich träumte von den Ereignissen, die zukünftig passierten“. Gegenwart ist eine Wiedergängerin der Vergangenheit und der Vorschein der Zukunft. Der Traum, ein noch windigerer Geselle als die Erinnerung, hält dieses Erfahrungsmaterial zusammen.
Von Eva, so heißt diese die Zeiten übergreifende Figur, bekommen wir ihre Gedächtnisprotokolle, die die Reflexion passiert und die Schule der Sprachkritik durchlaufen haben, geliefert. Sie befindet sich mit anderen in einem Raumschiff auf Kurs ins Irgendwo, weil die Erde unbewohnbar geworden ist.
Unversehens weitet sich das Vorhaben, das gerade noch Anlauf genommen hat, um Science Fiction als Weltuntergangsprosa durchzuspielen, zu einem existenziellen Raumfahrtprogramm ins Innere des Menschen. Denn das geht Isabella Feimer noch näher als der Verlust alles Gehabten, die Verfassung von Menschen, die sich Extremsituationen ausgesetzt fühlen.
Die Gruppe im Raumschiff ergibt eine Versammlung unerlöster Eroberer eines Terrains, von dem sie nicht wissen, ob sie es je erreichen werden. Die Hoffnung ist zurückgedreht auf ein Flämmchen, die Spannungen zwischen den Passagieren übersteigen die Grenze des Erträglichen. Miteinander auszukommen, das lässt sich bei Isabella Feimer nachlesen, gehört zum Schwierigsten.
Die ungeheuerlichen Situationen von Bedrohung und Gewalt aber sind menschengemacht. Das bringt Eva zu ihrer harten Einstellung, das Menschenvolk zu verachten, „ihre übertriebene Sorge, um Banalitäten, ihre Bedürfnisse, die oberflächlich sind, das Harmlose macht mir die größte Angst“. Der Mensch als Kollektivwesen hat versagt, diese Einsicht will uns Isabella Feimer mitgeben. Ihr Mittel gegen Kleingeisterei und Stumpfsinn ist Hellhörigkeit und Sprachsensibilität. Das heißt nicht, dass ihr alles aufgeht, was sie schreibt. Ein Bild wie „diese Leere in mir, die ich vor dir ausschüttete“, stecken wir weg. In einer derart ambitionierten Prosa darf so etwas schon einmal passieren. Buch: Präsentation: