USA sind Europa drei Zinsschritte voraus
Die US-Notenbank nimmt die Unterstützung für die Konjunktur schrittweise zurück. Die Europäische Zentralbank hält es dagegen für angebracht, die Zinsen weiter niedrig zu halten.
In der Geldpolitik gilt der Satz: „Timing is money.“Wie erfolgreich eine Notenbank damit ist, eine Währung stabil zu halten und eine Volkswirtschaft zu steuern, hängt maßgeblich davon ab, ob sie die Zinsen zur richtigen Zeit senkt oder erhöht. In welche Richtung es in den USA geht, ist klar. Am Mittwoch beschloss die US-Notenbank, den Leitzins in den USA um einen Viertelprozentpunkt auf einen Korridor von 0,75 bis 1,0 Prozent anzuheben. Es ist die dritte Zinserhöhung seit der Finanzkrise.
Die Geldpolitik unterstütze die Stärkung des Arbeitsmarktes und die nachhaltige Rückkehr zu 2 Prozent Inflation, teilte die Federal Reserve Mittwochabend mit. Präsidentin Janet Yellen hatte Anfang März darauf verwiesen, dass sich die Inflationsrate der 2-Prozent-Marke nähere und auf dem US-Arbeitsmarkt nahezu Vollbeschäftigung erreicht sei. Daher sehe es die Notenbank als „angemessen an, zu einer neutralen Politik überzugehen“, sagte Yellen.
Die US-Notenbank hält es also für geboten, die Unterstützung der Konjunktur über eine aggressive Geldpolitik mit niedrigen Zinsen allmählich auslaufen zu lassen. Das hat zum einen damit zu tun, dass auch sie sich offenbar schwer damit tut, die Wirtschaftspolitik von Präsident Donald Trump einzuschätzen. Falls der seinen Ankündigungen Taten folgen lässt und die US-Wirtschaft gegen Billigimporte mit Zöllen abschottet, werden die Preise rasch steigen. Mit höheren Zinsen versuchen die Notenbanker zu starken Preissprüngen vorzubeugen.
Dazu kommt, dass die Fed anders als die Europäische Zentralbank (EZB) nicht nur auf die Preise schaut, sondern auch den Arbeitsmarkt im Blick hat, von dem zuletzt gute Nachrichten kamen. Die Geldpolitik der Fed soll zur Vollbeschäftigung beitragen, bei einer Arbeitslosenrate von zuletzt 4,7 Prozent sieht man dieses Ziel als erfüllt an. Zudem wurden im Februar rund 235.000 neue Stellen geschaffen, deutlich mehr als von Experten erwartet. Yellen & Co. wollen mit höheren Zinsen einer Überhitzung der US-Wirtschaft vorbeugen. Und sie wollen auch die Euphorie an den Börsen etwas bremsen, die seit Trumps Ankündigungen, Steuern senken und die Wirtschaft mit Investitionen ankurbeln zu wollen, in Rekordlaune sind.
Aber vertragen sich höhere Zinsen mit der Ansage Trumps, Amerikas Wirtschaft „great again“zu machen? Eher nicht, denn dabei käme ihm ein schwacher Dollar gelegen – US-Unternehmen könnten dann leichter exportieren, Importe würden sich hingegen für die Amerikaner verteuern und sie, wie von Trump gefordert, stärker zu „Buy American“verleiten.
Mit sukzessive steigenden Zinsen wird der Wert der weltweit wichtigsten Währung aber tendenziell steigen, das ist beim Versuch, die tiefrote Handelsbilanz der USA zu verbessern, hinderlich. Und es engt den Spielraum der Regierung Trump ein, Schulden zu machen, um milliardenschwere Investitionen zu finanzieren. Zudem läuft just heute, Donnerstag, eine von Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Vereinbarung aus, mit der die Schuldenobergrenze ausgesetzt wurde. Mit einer neuen Regelung muss Trump vermeiden, dass die USA spätestens im Sommer technisch pleite sind. Höhere Zinsen machen andererseits den Dollar als Anlagewährung attraktiver, in Schwellenländern fürchtet man, dass Investoren Kapital abziehen, um es in den USA zu veranlagen.
Wie geht es nach dem US-Zinsschritt in Europa weiter? Hier zeichnet sich noch länger keine Änderung ab, die Europäische Zentralbank (EZB) hat erst jüngst ihren Kurs bekräftigt. Sie will zumindest bis zum Jahresende an der Nullzinspolitik und den milliardenschweren Anleihekäufen festhalten. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet sagte noch am Mittwoch, dass man nicht vor einer Wende in der Geldpolitik stehe. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn Leute damit anfangen, über Regimewechsel oder Normalisierung zu reden.“Vor allem in Deutschland drängt man auf einen allmählichen Ausstieg aus der aggressiven Geldpolitik. Wenn die Zinsen dies- und jenseits des Atlantiks weiter auseinanderlaufen, wird das den Euro schwächen und Exporte erleichtern. Der vielgescholtene deutsche Leistungsbilanzüberschuss würde damit sicher nicht kleiner.