Die Sozialversicherung wäre zu reformieren
Die Wirtschaftskammer hat das österreichische System von Schweizern unter die Lupe nehmen lassen. Zu welchen Fusionierungen sie raten.
Aus 21 mach 5: So stellt sich die Wirtschaftskammer die Reform der Sozialversicherungen vor. In dem auf fünf Träger geschrumpften Modell, das Schweizer entwickelt haben, würden die neun Gebietskrankenkassen zu einer Krankenkasse mit neun Landesorganisationen zusammengeführt. Die zwei anderen großen Träger wären wie bisher die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Träger Nummer vier wäre eine gemeinsame Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen und Bauern – und Träger Nummer fünf die Beamtenversicherung. So könnten regionale Strukturen und berufsständische Besonderheiten aufrechterhalten werden.
Während die Regierung auf die vom in der Gewerkschaft verwurzelten Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) in London in Auftrag gegebene Studie zur Effizienz des Sozialversicherungssystems noch einige Zeit warten muss, liegt mit der Schweizer Untersuchung nun bereits die zweite aktuelle Studie zu der Frage vor. Ende Februar hatte die Industriellenvereinigung ihre beim IHS in Auftrag gegebene Studie vorgestellt, am Donnerstag folgte nun die Präsentation der von der Wirtschaftskammer beim Schweizer Beratungsunternehmens c-alm in Auftrag gegebene Studie.
Dass die Arbeitgeberseite so aktiv ist, verwundert nicht: Die Unternehmen füllen die sozialen Töpfe Österreichs zu fast zwei Drittel, haben in der Sozialversicherung aber nur bescheidene Mitsprachemöglichkeiten. Wie das IHS kommt auch c-alm zum Schluss: Das System könnte wesentlich transparenter und effizienter sein – und das bei gleich bleibender Qualität.
Apropos Transparenz: Im Gegensatz zu den Angaben der Sozialversicherungsträger, dass die Verwaltungskosten bei 2,8 Prozent der Gesamtausgaben lägen, kommt die Schweizer Untersuchung auf Verwaltungskosten in der Höhe von 4,7 Prozent, da die Rechnungslegungen unterschiedlichen Parametern folgten und manches fehle.
Studienautor Hans-Jürgen Wolter betonte, dass eine Zusammenlegung der Träger allein noch nicht die Effizienz erhöhe, sie schaffe aber nicht nur die Möglichkeit dazu, sondern auch zur Vereinheitlichung der Leistungen. Das Effizienzpotenzial durch ein 5-TrägerModell wird allein in der Verwaltung mit 152 Mill. Euro pro Jahr beziffert. Angeregt wird, dass nicht mehr die Sozialversicherung die Beiträge einhebt, sondern gleich das Finanzressort (gemeinsam mit den Steuern); das würde Doppelgleisigkeiten abstellen. Und angeregt wird auch, dass die 21 Träger ihre 154 Einrichtungen (Spitäler, Ambulatorien, Zahnkliniken, RehaZentren) nicht mehr selbst führen, sondern ausgliedern – schon allein, um den „inhärenten Interessenkonflikt“zu lösen.
Der ÖGB und die Wiener GKK reagierten erwartungsgemäß verärgert auf die Studie und warfen der Wirtschaftskammer Klientelpolitik vor. Lob kam vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger.