Rutte geht auf Partnersuche
Die niederländische Regierung hat einen harten Sparkurs gesteuert. Premier Ruttes Partei haben die Wähler das verziehen, der Koalitionspartner aber ist abgestraft worden.
Einen klaren Sieg, aber bei Weitem keine absolute Mehrheit brachte die Parlamentswahl in den Niederlanden der rechtsliberalen Partei von Premier Mark Rutte. Ein Ergebnis, das typisch ist für dieses Land mit seiner zersplitterten Parteienlandschaft.
17 Fraktionen saßen in der letzten Legislaturperiode in der Zweiten Kammer des Parlaments, diesmal werden es laut dem vorläufigen Wahlergebnis 13 sein. Wenn das endgültige Ergebnis feststeht, muss daher wieder der „Informateur“ans Werk. Ein meist nicht mehr aktiver Politiker, der vom Parlament bestimmt wird und die Sondierungsgespräche für die Bildung der neuen Regierung führt. Sobald er eine Mehrheit zusammenhat, beginnt der „Formateur“mit der echten Regierungsbildung.
Der „Formateur“ist in der Regel der spätere Premierminister, also aller Voraussicht nach Mark Rutte. Seine rechtsliberale Partei (VVD) hat nach dem vorläufigen Ergebnis 33 Sitze im Parlament errungen (21,3% der Stimmen), dahinter folgt die Partei für die Freiheit von Geert Wilders mit 20 Sitzen (13,1%), und dann kommen – gleichauf mit jeweils 19 Sitzen – die Christdemokraten (12,5%) und die linksliberale D66 (12%). Die größten Zugewinne bei der Wahl konnten die Grünen verzeichnen, die von ehemals vier auf 14 Sitze zulegten (8,9%).
Weit abgestürzt auf nur mehr neun Sitze ist mit der Partei für die Arbeit (PvdA) der bisherige Koalitionspartner Ruttes. Haben die Wähler der Rechtsliberalen ihrer Partei den harten Sparkurs der vergangenen Jahre noch verziehen, straften die Wähler die Sozialdemokraten dafür ab, die Einsparungen bei Gesundheit, Pensionen und Sozialem mitgetragen zu haben. Mit der Migrationsund Integrationspolitik der Sozialdemokraten waren einige aus den eigenen Reihen ebenfalls nicht einverstanden. Zwei ehemalige Mitglieder spalteten sich ab und gründeten die Migrantenpartei DENK, die nun mit drei Sitzen ins Parlament einzieht. Zu den herben Verlusten trug auch bei, dass es in den Reihen der PvdA vor der Wahl interne Streitigkeiten gab, unter anderem bei der Suche nach dem Spitzenkandidaten.
Für eine Zweierkoalition reichen die Sitze von Rechtsliberalen und Sozialdemokraten nun nicht mehr. Rutte muss sich auf die Suche nach neuen Koalitionspartnern machen – und „das kann durchaus dauern“, wie er am Donnerstag sagte. Für eine stabile Regierung braucht er mindestens drei Parteien an seiner Seite. Neben den Christdemokraten und Linksliberalen könnte sich der Premier die geschwächten Sozialdemokraten ins Boot holen, eine andere Möglichkeit wären die Grünen. Die Partei rund um den charismatischen Spitzenkandidaten Jesse Klaver fischte unter anderem im Wählerpool der Sozialdemokraten, die sie in Amsterdam sogar als stärkste Kraft ablösen konnte.
Ausgeschlossen hat Rutte schon im Wahlkampf eine Zusammenarbeit mit der Rechtspopulisten-Partei von Geert Wilders. Der hatte auch gar kein Interesse an einer Regierungsbeteiligung bekundet. Wilders ist insgesamt hinter den Erwartungen zurückgeblieben, auch wenn er an Sitzen dazugewinnen konnte, von bisher 15 auf nun 20. „Das sind nicht die 30 Sitze geworden, auf die ich gehofft habe“, sagte er am Donnerstag. Premier Rutte sei ihn aber noch nicht los. Bei der vergangenen Wahl sei er Dritter geworden, diesmal Zweiter – und das nächste Mal werde er Erster, meinte Wilders. Am stärksten schnitt seine Partei diesmal im Süden des Landes ab, in der Gegend seiner Heimat, und in Rotterdam, wo es einen hohen Anteil an Migranten gibt.
Ausgesprochen hoch war diesmal die Wahlbeteiligung mit 80,4 Prozent. Bei der Wahl 2012 hatten 74,6 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgegeben.