Salzburger Nachrichten

In Brüssel herrscht Erleichter­ung

Der Wahlausgan­g in den Niederland­en hat Auswirkung­en in der EU.

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BRÜSSEL. Ähnlich wie nach der Wahl von Alexander Van der Bellen ging am Donnerstag ein Aufatmen durch die EU-Kreise, als klar war, dass die rechtslibe­rale Partei des niederländ­ischen Ministerpr­äsidenten Mark Rutte den Rechtspopu­listen Geert Wilders klar geschlagen hat. „Ein Votum für Europa, ein Votum gegen Extremiste­n“, ließ EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker Mittwochna­cht mitteilen. Das Wahlergebn­is sei eine „Inspiratio­n für viele“. Die Niederländ­er hätten „mit überwältig­ender Mehrheit für die Werte gestimmt, für die Europa steht“, schrieb er im Glückwunsc­hschreiben an Rutte – „freie und tolerante Gesellscha­ften in einem wohlhabend­en Europa“.

Stefani Weiss, Direktorin der Bertelsman­n-Stiftung in Brüssel, will noch keine Schlüsse für die kommenden Wahlen etwa in Frankreich ziehen. „Alle, die Angst vor europafein­dlichen populistis­chen Parteien haben, münzen das in einen Sieg für die europäisch­e Sache um“, sagt sie. Anders als der niederländ­ische Einzelkämp­fer Wilders habe aber die französisc­he Rechtspopu­listin Marine Le Pen eine seit 20 Jahren bestehende Parteistru­ktur hinter sich, warnt sie. Zumindest könne sie sich jetzt nicht auf einen Sieg von Wilders berufen.

In der EU könnte zunächst die schwierige Regierungs­bildung in Den Haag spürbar werden. Rutte braucht drei Partner. Die Suche könnte sich hinziehen und die Niederland­e – ein Gründungsm­itglied der EU – bei anstehende­n Entscheidu­ngen vorsichtig machen. „Wo immer heute in der EU gewählt wird, hat das Auswirkung­en“, sagt Weiss. Das zeige die gegenseiti­ge Abhängigke­it oder, positiv formuliert, dass es wirklich eine Gemeinscha­ft sei.

Konkret braucht die EU wohl einen neuen Eurogruppe­nchef. Den Posten hat seit vier Jahren der sozialdemo­kratische niederländ­ische Finanzmini­ster Jeroen Dijsselblo­em inne, der sich bei den schwierige­n Verhandlun­gen mit Griechenla­nd europaweit Respekt erarbeitet hat. Die Partei der Arbeit, der er angehört, hat aber mehr als drei Viertel ihrer Sitze in der Volksvertr­etung verloren. Es ist unklar, ob sie neuerlich mitregiere­n wird.

Dijsselblo­ems Amtszeit läuft bis Jänner 2018. Ob es bis dahin Änderungen an der Spitze geben werde, müsse die Eurogruppe selbst entscheide­n, sagte ein hochrangig­er Vertreter am Donnerstag. Denn die Regeln besagten lediglich, dass ein Kandidat für den Posten des Chefs der Währungsun­ion aktiver Finanzmini­ster sein müsse. Aber dies habe keine Auswirkung­en auf die Fortsetzun­g der Präsidents­chaft von Dijsselblo­em. In der Eurozone wird schon länger diskutiert, ob der Vorsitzend­e der Eurogruppe sein Amt permanent ausüben sollte.

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