Wörter sind ein übles Pack
Poetisch gegen den Weltenlärm tritt die Band Garish mit ihrem neuen Album an – heute live in Salzburg.
„Nonstop unter Strom, das Herz schlägt monoton.“So lässt sich eine gesellschaftliche Grundstimmung auch beschreiben. Oder so: „In einer Tour immer nur Radau am Radar.“Da könnte man auch Brüllen, hinein in den Weltenlärm und gegen rauschenden Populismus und gegen die strategische Verdummung des Stimmvolks. Die Stimme kann sich aber auch bedächtig anschleichen. Und dann kommt sie – eingebettet in fein gefühlte Melodien – kraftvoll daher. So machen das Garish auf ihrem neuen Album „Komm schwarzer Kater“. Nichts formulieren sie plump oder plakativ. Stattdessen hört Texter Thomas Jarmer für seine Poesie genau hinein in die Wellen, die unsere Gesellschaft treiben. Da werden dann Politik und Privates, die Zeit und das Zwischenmenschliche eins, weil sie ohnehin nicht getrennt funktionieren.
Im Kern interessiere ihn „die Luft zwischen den Menschen“, sagte Jarmer in einem Interview. Und diese Luft kann durchaus recht dick sein. Trotzdem muss dann nicht gleich mit dem blutigen Fleischermesser hineingestochen werden. Feine Nadeln tun es auch. Das beherrschen Garish, seit sie sich 1997 noch zu Schulzeiten im burgenländischen Mattersburg als Band formiert haben. Sie vermieden es in diesen 20 Jahren erfolgreich, sich auf einen Stil festzulegen. Sie hielten aber immer daran fest, dass Pop niemals belanglos sein dürfe, um Bedeutung zu haben.
Manchmal erzeugen Garish mit Gitarren heftigen Druck. Dann wieder driften sie in elegischen Weiten, nahe der Zerbrechlichkeit. Auch bombastische Orchesterklänge tauchen auf. Wenn es pathetisch wurde, musste man nicht fürchten, im Kitsch zu versinken, denn Garish wussten stets, wozu Pathos gut sein kann (und wenn man ihn gut sein lassen muss). Folk und Pop mischen sie mit chansonartigen Einflüssen. Grandiose Textzeilen drängen sich nicht arrogant in den Vordergrund, sondern fordern Aufmerksamkeit. Kurz: Garish haben auf ihren Alben – „Komm schwarzer Kater“ist ihr siebtes Werk – stets in absoluter Unabhängigkeit gearbeitet.
Das machte vielleicht den kommerziellen Erfolg schwierig, Garish sind und bleiben wohl eine Liebhaberband, eine Independent-PopKultpartie. Um stets ernsthaft wahrgenommen zu werden, ist dies aber wohl der richtige Weg. Bei aller Abwechslung im Lauf der Jahre klingt es doch immer so, als verfüge diese Band ohnehin über irgendeine magische Formel, die alles in Garish-Sound verwandeln kann. Dieses Mal ist es ein Sound der Besonnenheit; ein Klang, der lockerlässig daherkommt, aber in vielen der Songs den Befindlichkeiten der Gegenwart hart nachspürt, sie in ein paar Worten aufdeckt.
„Schock. Schwere Not. Parole im Fieber“, heißt es im Song „Im Fieber“. Garish spielen in der Fiebrig- keit der Gegenwart aber nicht mit. Sie beobachten. Zur aktuellen Aufgeregtheit einer Parolen-Welt und Posting-Flut bildet dieses Album einen Gegenentwurf. Garish hauen nicht drauf. Sie singen zu einem schier schwerelosen Sound lieber: „Wörter kommen leicht durcheinander. Wörter sind ein übles Pack.“Da wird der Unmut über erfundene Wahrheit und eine alternative Nachrichtenlage spürbar. Garish begeben sich aber nicht auf die primitive Ebene eines sogenannten Widerstands, der durch Unverständnis genährt ist und dessen Treibstoff doch nur der Hass ist. Feinfühlige Geister sind sie. Dementsprechend formulieren sie ihre Kritik mit feiner Klinge. Das ist alles g’scheit hintergründig formuliert und – jedenfalls bei oberflächlicher Betrachtung – fast gefährlich leichtfüßig instrumentiert. Album: Live: