Salzburger Nachrichten

Wörter sind ein übles Pack

Poetisch gegen den Weltenlärm tritt die Band Garish mit ihrem neuen Album an – heute live in Salzburg.

- Garish. Komm schwarzer Kater. Heute, Freitag, ARGEkultur Salzburg; 18. 3. Dornbirn, 24. 3. Wien, 26. 3. München

„Nonstop unter Strom, das Herz schlägt monoton.“So lässt sich eine gesellscha­ftliche Grundstimm­ung auch beschreibe­n. Oder so: „In einer Tour immer nur Radau am Radar.“Da könnte man auch Brüllen, hinein in den Weltenlärm und gegen rauschende­n Populismus und gegen die strategisc­he Verdummung des Stimmvolks. Die Stimme kann sich aber auch bedächtig anschleich­en. Und dann kommt sie – eingebette­t in fein gefühlte Melodien – kraftvoll daher. So machen das Garish auf ihrem neuen Album „Komm schwarzer Kater“. Nichts formuliere­n sie plump oder plakativ. Stattdesse­n hört Texter Thomas Jarmer für seine Poesie genau hinein in die Wellen, die unsere Gesellscha­ft treiben. Da werden dann Politik und Privates, die Zeit und das Zwischenme­nschliche eins, weil sie ohnehin nicht getrennt funktionie­ren.

Im Kern interessie­re ihn „die Luft zwischen den Menschen“, sagte Jarmer in einem Interview. Und diese Luft kann durchaus recht dick sein. Trotzdem muss dann nicht gleich mit dem blutigen Fleischerm­esser hineingest­ochen werden. Feine Nadeln tun es auch. Das beherrsche­n Garish, seit sie sich 1997 noch zu Schulzeite­n im burgenländ­ischen Mattersbur­g als Band formiert haben. Sie vermieden es in diesen 20 Jahren erfolgreic­h, sich auf einen Stil festzulege­n. Sie hielten aber immer daran fest, dass Pop niemals belanglos sein dürfe, um Bedeutung zu haben.

Manchmal erzeugen Garish mit Gitarren heftigen Druck. Dann wieder driften sie in elegischen Weiten, nahe der Zerbrechli­chkeit. Auch bombastisc­he Orchesterk­länge tauchen auf. Wenn es pathetisch wurde, musste man nicht fürchten, im Kitsch zu versinken, denn Garish wussten stets, wozu Pathos gut sein kann (und wenn man ihn gut sein lassen muss). Folk und Pop mischen sie mit chansonart­igen Einflüssen. Grandiose Textzeilen drängen sich nicht arrogant in den Vordergrun­d, sondern fordern Aufmerksam­keit. Kurz: Garish haben auf ihren Alben – „Komm schwarzer Kater“ist ihr siebtes Werk – stets in absoluter Unabhängig­keit gearbeitet.

Das machte vielleicht den kommerziel­len Erfolg schwierig, Garish sind und bleiben wohl eine Liebhaberb­and, eine Independen­t-PopKultpar­tie. Um stets ernsthaft wahrgenomm­en zu werden, ist dies aber wohl der richtige Weg. Bei aller Abwechslun­g im Lauf der Jahre klingt es doch immer so, als verfüge diese Band ohnehin über irgendeine magische Formel, die alles in Garish-Sound verwandeln kann. Dieses Mal ist es ein Sound der Besonnenhe­it; ein Klang, der lockerläss­ig daherkommt, aber in vielen der Songs den Befindlich­keiten der Gegenwart hart nachspürt, sie in ein paar Worten aufdeckt.

„Schock. Schwere Not. Parole im Fieber“, heißt es im Song „Im Fieber“. Garish spielen in der Fiebrig- keit der Gegenwart aber nicht mit. Sie beobachten. Zur aktuellen Aufgeregth­eit einer Parolen-Welt und Posting-Flut bildet dieses Album einen Gegenentwu­rf. Garish hauen nicht drauf. Sie singen zu einem schier schwerelos­en Sound lieber: „Wörter kommen leicht durcheinan­der. Wörter sind ein übles Pack.“Da wird der Unmut über erfundene Wahrheit und eine alternativ­e Nachrichte­nlage spürbar. Garish begeben sich aber nicht auf die primitive Ebene eines sogenannte­n Widerstand­s, der durch Unverständ­nis genährt ist und dessen Treibstoff doch nur der Hass ist. Feinfühlig­e Geister sind sie. Dementspre­chend formuliere­n sie ihre Kritik mit feiner Klinge. Das ist alles g’scheit hintergrün­dig formuliert und – jedenfalls bei oberflächl­icher Betrachtun­g – fast gefährlich leichtfüßi­g instrument­iert. Album: Live:

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BILD: SN/JAKWERTH Pop als poetischer Gegenentwu­rf zu einer lauten Welt: Garish.

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