Kommen nun die Bettler wieder zurück?
Ein mögliches Ende des Bettelverbots sorgt für gemischte Gefühle. Die einen fürchten viele neue Bettler. Andere bezweifeln, dass sie überhaupt weg waren.
Die Frau hat sich mit ihrem Rollstuhl einen prominenten Platz ausgesucht. Zwischen Mariensäule und dem Salzburger Dom steht sie und bittet Passanten um Geld. Drei Touristen bleiben kurz stehen und sprechen mit ihr. Wie sich herausstellt, ist die Gruppe aus Moldawien und spricht deshalb genauso wie die Bettlerin Rumänisch. „Ich wollte von der Frau wissen, warum sie ausgerechnet hier in Salzburg bettelt“, sagt der Tourist. „Sie hat mir gesagt, sie hat keine andere Möglichkeit, an Geld zu kommen.“Während der Mann weitergeht, gibt seine Ehefrau der Bettlerin Geld.
Die Plätze rund um den Dom gehören zu jenen Orten in der Salzburger Innenstadt, in denen noch gebettelt werden darf. In großen Teilen der Innenstadt gilt allerdings ein sektorales Bettelverbot. Das droht allerdings zu kippen. Das Verfassungsgerichtshof hat am Mittwoch in einem Beschluss angekündigt, das Verbot einem Überprüfungsverfahren unterziehen zu wollen. „Eine sachliche Rechtfertigung vermag der Verfassungsgerichtshof derzeit nicht zu erkennen“, hieß es.
Franz Schützinger hat für diesen Beschluss kein Verständnis. Sein Würstelstand steht am Grünmarkt auf dem Universitätsplatz. Hier gilt das sektorale Verbot. Für ihn sei die Maßnahme eine Erleichterung gewesen. Gerade am Ausgang des Ritzerbogens seien immer besonders viele Bettler gesessen. „Für das Geschäft ist
das schon sehr schlecht“, sagt Schützinger. Die Kunde hätten die vielen Bettler irritiert. Für das Betteln habe er kein Verständnis. „Es gibt in Salzburg so viele Stellen, wo es etwas zu essen gibt und man übernachten kann. Das Betteln muss nicht sein.“Ähnlich sieht das der Betreiber eines Kaffeehauses, der lieber nicht genannt werden will. Als das Bettelverbot zum ersten Mal gekippt worden sei, seien plötzlich über Nacht zahlreiche Bettler hier gewesen. Er habe kein Problem damit, wenn arme Menschen um etwas bitten würden. „Aber einen Betteltourismus nach Salzburg muss man nicht fördern.“Viele Gäste hätten ihn darauf angesprochen, dass im Vergleich zu anderen Städten besonders viele Bettler in Salzburg seien. Das sektorale Bettelverbot habe die Situation in der Innenstadt deutlich verbessert. Wenn es jetzt gekippt werde, müsse man eine andere Lösung finden.
Ob die Bettler in Salzburg wirklich weniger geworden sind, darüber wird immer wieder diskutiert. Zählungen im Auftrag von Vizebürgermeister Harald Preuner (ÖVP) fanden zwischen 20 und 100 Bettler. Alina Kugler kann diese Ergebnisse nicht nachvollziehen. Sie macht für den Verein Phurdo Sozialarbeit mit Armutsmigranten. Ihrer Ansicht nach sind stets zwischen 150 und 200 Bettler in der Stadt. „Das zeigt sich ja auch in den gefüllten Notschlafquartieren.“Fluktuationen habe es stets gegeben, aber die seien saisonbedingt und hätten nichts mit dem Verbot zu tun. „Zu Weihnachten sind weniger hier, jetzt zu Ostern werden es wieder mehr.“Man könne die Bettelei nicht mit Verboten in den Griff bekommen. „Wenn wir die eine Gruppe vertreiben, dann kommt die nächste, die sich noch dazu mit den Regeln hier nicht auskennt.“Die Gesellschaft müsse sich einfach an das Phänomen gewöhnen. „Notreisende gibt es in allen Städten Österreichs.“
Auch Caritas-Präsident Johannes Dines hat festgestellt, dass die Bettler durch das Verbot nur verlagert wurden. „Vor dem Verbot waren es immer 150, jetzt, wo es wärmer wird, sehen wir wieder 120 bis 130 Bettler in Salzburg.“Statt in der Innenstadt werde in den Randbezirken gebettelt. Zwar seien punktuelle Einschränkungen durchaus sinnvoll. Spätestens seit der Ausweitung des Verbotes sei aber klar gewesen, dass es rechtlich nicht halten würde. Im Falle einer Aufhebung des Verbotes wünsche er sich, dass dessen Befürworter nicht in den Schmollwinkel verschwinden. „Wir sollten uns nicht immer ausrichten, wer was falsch macht. Wir sollten lieber gemeinsam an Lösungen arbeiten und so auch die Spannungen aus der Bevölkerung nehmen.“
Ob das Bettelverbot nun fällt oder nicht, ist der Trafikantin im Dombogen einerlei. Denn bei ihrer Trafik werde ohnehin immer gebettelt, sagt sie. „Heute habe ich auf dem Weg in die Arbeit sieben gezählt.“Sie habe ebenso wenig Verständnis für die Bettler wie der Tourist aus Moldawien, der sich zuvor mit der Bettlerin unterhalten hatte. „Ich sage den Leuten immer, sie sollen arbeiten gehen“, sagt er. „Aber meine Frau gibt ihnen immer etwas.“ Wie ein Bissen Brot . . .
„Die Bettelei ist schlecht für das Geschäft.“Franz Schützinger, Würstelstand „Wir müssen uns an dieses Phänomen gewöhnen.“Alina Kugler, Sozialarbeiterin