Was für die Vorverlegung der Wahlen spricht
Regieren geht anders: Die Koalitionsparteien sind nicht imstande, eine simple Wahrheit zu verstehen.
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat ausgesprochen, was viele denken: Nationalratswahlen im Herbst 2017 statt, wie vorgesehen, im Herbst 2018. Nobel, wie er ist, nennt Haslauer nicht das miese Koalitionsklima als Grund für seinen Vorstoß, sondern den Umstand, dass Österreich im zweiten Halbjahr 2018 den EU-Vorsitz innehat. Und man in dieser Zeit eine handlungsfähige, nicht wahlkämpfende Bundesregierung brauche.
Das ist gewiss richtig, aber bei etwas weniger nobler Betrachtungsweise gibt es jede Menge weiterer Gründe, eine baldige Beendigung der Regierungskoalition herbeizusehnen. Beispielsweise inhaltliche Gründe. Wie erinnerlich, hat sich die Regierung vor wenigen Wochen auf ein Arbeitsprogramm für die verbleibenden knapp zwei Jahre der Legislaturperiode geeinigt, von der Arbeitszeitflexibilisierung bis hin zu neuen Sicherheitsgesetzen. Wie sich nun herausstellt, reichte die Einigkeit nur für die Abfassung der Überschriften. Im Detail spießt es sich. Selbst die Abschaffung der kalten Progression verzögert sich im Gestrüpp der divergierenden Meinungen und Ideologien der Regierungspartner. Von einer einheitlichen Europapolitik ganz zu schweigen.
Es sind nicht nur inhaltliche Gründe, die für eine Beendigung dieser Form der Zusammenarbeit sprechen. Es ist auch das Stimmungsklima in der Koalition. Zwischen einzelnen Personen in der Regierung hat sich eine Abneigung aufgebaut, die alle Schwüre, dass man ab jetzt, diesmal aber wirklich, professionell zusammenarbeiten werde, Lügen straft. Man merkte es am Nachhall der ORF-„Pressestunde“mit Außenminister Sebastian Kurz, auf den weite Kreise der SPÖ mit allergischen Pusteln reagieren. Die sogleich abgefeuerte Gegenstellungnahme SPÖ-Klubchef Andreas Schieders (Kurz sei „ohne europapolitisches Konzept“, er mache „innenpolitische Klientelpolitik“) klang keineswegs wie die eines Partners. Ähnlich freundlich reagiert recht gern der schwarze Innenminister, wenn der rote Kanzler einen Vorschlag macht. Und umgekehrt. Die Koalitionsparteien sind nicht imstande, eine simple Wahrheit zu verstehen: dass sie, wenn sie ihren Partner schlechtreden, in Wahrheit die Koalition schlechtreden – und damit sich selbst. Jede Kritik, die SPÖ und ÖVP aneinander üben, ist eine Aufforderung an die Wählerschaft, nur ja nicht SPÖ oder ÖVP zu wählen.
Fraglich ist, ob es nach der Wahl eine andere, eine bessere Regierung geben wird. Doch das ist eine andere Geschichte.