Der Scheidungsantrag kommt nach der Party
London will am 29. März den EU-Austritt starten und spricht von den schwierigsten Verhandlungen des Landes seit Generationen.
Nur vier Tage nach den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Gründungsverträge der EU am kommenden Samstag in Rom wird erstmals ein Mitgliedsstaat seinen Austritt aus der Gemeinschaft einreichen. Die britische Premierministerin Theresa May hat EU-Ratspräsident Donald Tusk gestern, Montag, informiert, dass sie am 29. März formal einen Austrittsantrag auf Grundlage des Artikels 50 der EU-Verträge stellen wird. Ab dann läuft die Frist von zwei Jahren bis zum tatsächlichen Austritt Großbritanniens.
Tusk hat angekündigt, binnen 48 Stunden ab dem Antrag den anderen 27 Mitgliedsstaaten einen Entwurf für die Richtlinien für die Austrittsgespräche vorzulegen. Anfang Mai werden die EU-Chefs bei einem Brexit-Sondergipfel diese Leitplanken beschließen. Dann beginnen die tatsächlichen Verhandlungen.
Führen wird sie der Chefunterhändler der EU-Kommission, der ehemalige Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Er wird zunächst eine Empfehlung für die Inhalte der Verhandlungen präsentieren, die von den EU-Staaten abgenickt werden muss. Zu den Hauptakteuren auf britischer Seite zählen BrexitMinister David Davis und der EUBotschafter Tim Barrow. Davis sprach am Montag von den „wichtigsten Verhandlungen dieses Landes für eine Generation“. Verhandlungsziel sei eine neue, positive Partnerschaft mit der EU, die allen Nationen und Regionen im Königreich gerecht werde.
Dass der Scheidungsbrief aus London fast 14 Tage später kommt als geplant, hat in erster Linie mit Schottland zu tun, das neuerlich über einen Austritt aus dem Vereinigten Königreich abstimmen will. May reist in den nächsten Tagen nicht nur nach Wales, sondern auch nach Schottland und Nordirland, wo eine Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt hat. Außerdem wollte May die „Party“in Rom nicht stören, heißt es. Und es stehen im britischen Parlament noch einige Gesetzesbeschlüsse an.
Der Zeitplan für die Brexit-Gespräche ist knapp. Laut Barnier sind nur 18 Monate Zeit, der Rest wird für Abstimmungsprozesse benötigt. Das Austrittsabkommen muss am Ende mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden, also von mindestens 15 EU-Ländern, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung stellen. Auch das EU-Parlament muss zustimmen.