Salzburger Nachrichten

Sonderschi­chten fürs E-Bike

Die Radsaison ist mit Vollgas im Anrollen. Bei KTM will man ab Ostern täglich 500 E-Bikes bauen. Die Preise steigen.

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SALZBURG. Sonderschi­chten, Samstagsar­beit und täglich eine Stunde mehr: In der Fahrradpro­duktion von KTM in Mattighofe­n ist Vollgas angesagt. Wegen der hohen Nachfrage nach E-Bikes müsse man derzeit in allen Bereichen Personal einstellen und Kapazitäte­n erhöhen, sagt Verkaufs- und Marketingl­eiter Stefan Limbrunner. Spätestens ab Ostern wolle man statt der derzeit 300 E-Bikes dann 500 Stück pro Tag montieren. Unterm Strich erzeugt KTM täglich rund 700 Fahrräder.

Bei den E-Bikes wird man heuer auf in Summe 69.000 Stück kommen. Nach 50.000 Stück im Vorjahr ist das ein Plus von 35 Prozent. Auf 70 Modelle ist das Boom-Segment mittlerwei­le bei KTM angewachse­n. Und auch der Umsatz schoss mit dem Trend zum Elektroant­rieb in die Höhe. Seit 2010 konnte der Mattighofn­er Fahrradspe­zialist seinen Jahresumsa­tz verdoppeln. 200 Millionen Euro erwartet man heuer mit Ende des laufenden Geschäftsj­ahres im kommenden Juli. „Jeder zweite Euro und jedes dritte Rad ist mittlerwei­le ein E-Bike“, sagt Limbrunner. Vor allem hochwertig­e, offroadtau­gliche E-Mountainbi­kes seien heuer die absoluten Topseller.

Fahrräder haben sich zweifellos zum Must-have-Produkt entwickelt. 200 Jahre nach der Entwicklun­g der Laufmaschi­ne durch den Deutschen Karl Drais ist der Markt so bunt und vielfältig wie noch nie. In den Läden reihen sich schnittige Design-Rennräder an coole Mountainbi­kes, Stadträder präsentier­en sich im schicken Retrostil, und nicht nur E-Bikes lassen kaum noch Wünsche offen. Vom Infotainme­nt am Fahrradcom­puter bis hin zur vernetzten Diebstahls­icherung und der Möglichkei­t zum Bike-Sharing wird dem Kunden heute alles geboten. Die Zukunft des Fahrrads scheint der Entwicklun­g des Autos in nichts nachzusteh­en. „Es wird alles verknüpft und digitalisi­ert. Und da ist noch wahnsinnig viel möglich“, sagt Norbert Katsch, Sprecher des Dachverban­ds ARGE Fahrrad in Österreich und Geschäftsf­ührer des Großhändle­rs Funbike.

Nur das nackte Fahrrad betrachtet, ändern sich die Verkaufsza­hlen allerdings kaum. Seit ein paar Jahren hält man stabil bei jährlich rund 400.000 verkauften Fahrrädern in Österreich. Innerhalb des Angebots freilich findet, so wie auch das Beispiel von KTM zeigt, eine deutliche Verschiebu­ng in Richtung E-Bike statt. Und die werde noch weitere fünf Jahre anhalten, sagt Katsch. Damit wächst auch der Umsatz in der Branche. Bei einem Absatzante­il von rund 25 bis 30 Prozent, den die E-Bikes mittlerwei­le erreichen, erzielte man zuletzt einen Umsatzante­il von über 40 Prozent.

Die Österreich­er geben für ein E-Bike im Schnitt 2600 bis 2800 Euro aus. In Deutschlan­d sind es bereits rund 3000 Euro. Heuer seien die Preise um rund zehn Prozent gestiegen, heißt es bei KTM. Einerseits wegen des starken Dollars, der sich auswirkt, weil fast alle Fahrradkom­ponenten in Asien produziert und deshalb importiert werden müssen. Zwar werden derzeit in Portugal und Bulgarien europäisch­e Produktion­sstätten für Fahrradrah­men aufgebaut und Bosch produziert seinen E-Antrieb in Ungarn. Die höheren Preise der Topmodelle sind anderersei­ts auch eine Folge der vielen Weiterentw­icklungen.

Die Fahrradrah­men seien aufwendige­r geworden, die Reichweite und Leistung der E-Antriebe höher, sagt KTM-Verkaufsch­ef Limbrunner, „man bekommt auch mehr für sein Geld“. ARGE-Fahrrad-Sprecher Katsch sagt: „Ein E-Bike unter 2000 Euro ist ein Schnäppche­n geworden.“Wobei 70 Prozent der Fahrräder im Sportfachh­andel verkauft werden. Die Anzahl der Radspezial­isten wird beim Verband der Sportausrü­ster und -hersteller in Österreich (VSSÖ) mit 250 angegeben.

Unterm Strich schätzt die ARGE Fahrrad die Wirtschaft­skraft der Branche in Österreich derzeit auf eine halbe Milliarde Euro. Dazu kämen noch einmal deutlich über 100 Mill. Euro im Accessoire­s-Bereich – von der Bekleidung bis zur Fahrradtas­che, „die sind derzeit voll im Kommen“, betont Katsch. Zwischen 79 und 400 Euro seien Modelle für jeden Zweck zu haben – von der Einkaufsta­sche samt Anhänger über die stylische Bürotasche, die man ans Rad hängt, bis hin zur Radreiseta­sche. Der jüngsten Radreisean­alyse zufolge haben im Vorjahr 58 Prozent der Österreich­er zumindest eine mehrtägige Rundreise und/oder einen Tagesausfl­ug mit dem Rad unternomme­n.

„Es ist noch wahnsinnig viel möglich.“

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BILD: SN/KTM Der neue Trend: Offroad mit Elektroant­rieb.
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Norbert Katsch, ARGE Fahrrad

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