Gemeinsam meditieren stärkt Gefühle
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Alleinsein macht ihn seelisch und körperlich krank. Die tägliche Versenkung miteinander hilft dem Menschen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Das funktioniert sogar übers Smartphone.
Die innere Schau, das Versenken der Gedanken an den Ruhepol des Ichs, die Meditation, egal wie man es nennen mag – diese Form des Nachdenkens übt einen beruhigenden Einfluss auf das menschliche Dasein aus.
Neurowissenschafter des Max Planck Instituts in Leipzig haben jetzt herausgefunden, dass eine neue Form von „lauter“Meditation noch viel mehr kann: Sie schafft die Einsamkeit fort, in der manche Menschen stecken. Tägliche Meditation kann bei Menschen mit Kontaktschwierigkeiten oder sozialen Defiziten die Verbundenheit mit anderen steigern und das Gefühl von Einsamkeit reduzieren.
Die Neurowissenschafter nennen das System die kontemplative Dyade. Dyade ist griechisch für Zweisamkeit. Mit kontemplativer Dyade meinen die Forscher eine beschauliche Zweisamkeit. Und sie setzen dabei im Gegensatz zu traditionellen, allein und im Stillen praktizierten Meditationstechniken auf lautes Meditieren.
Dabei sollten „hochkonzentrierte Dialoge“stattfinden, erklären die Forscher. Am besten werde das von Angesicht zu Angesicht praktiziert. Und wenn das nicht möglich sei, sorge eine spezielle SmartphoneApp dafür, dass dieses Gespräch funktioniert.
Und das soll in etwa so funktionieren: Eine Person erzählt der anderen zuerst etwas Unangenehmes, das sie in den vergangenen 24 Stunden erlebt hat, und wie sich das körperlich angefühlt hat. Dann berichtet sie über eine Erfahrung, die sie gemacht hat, für die sie besonders dankbar ist. Das Gegenüber hört aufmerksam zu und soll – im Optimalfall – Mitgefühl (Empathie) für den anderen Menschen entwickeln. Das Erzählte darf der Zuhörer weder durch Worte oder Mimik kommentieren. Dann werden die Rollen getauscht und der Zuhörer berichtet über Erlebtes.
Bei dieser auf den ersten Blick etwas künstlichen Gesprächssituation geschieht laut Forschern aber etwas Erstaunliches: Nach jeder Dyade berichteten die Teilnehmer der entsprechenden Studie, dass sie sich ihrem Gegenüber danach deutlich näher fühlten als zuvor. Sie bauten eine emotionale Nähe zum anderen auf, obwohl der Dialogpartner jede Woche wechselte und die Übungseinheiten meist statt von Angesicht zu Angesicht über eine eigens entwickelte SmartphoneApp durchgeführt wurden.
Die Forscher glauben, dass sich die Teilnehmer nicht nur ihrem direkten Partner innerhalb der Dyade näher fühlten, sondern den Menschen im Allgemeinen. „Interessant wäre es nun herauszufinden, ob sich diese neuen Methoden auch nutzen lassen, um die sozialen Fähigkeiten von Kindern zu fördern oder um psychisch kranken Menschen zu helfen, die besonders häufig unter Einsamkeit und sozialen Defiziten leiden“, sagt Projektleiterin Tania Singer. In einer von Stress erfüllten Gesellschaft sei das heute wichtiger denn je.