Salzburger Nachrichten

„Was braucht ein Kind, um ein starker Mensch zu werden?“

Eltern sollen ihre Kinder ernst nehmen und bestätigen – auch bei schlechten Schulnoten. Das Selbstwert­gefühl bestimmt auch das spätere Leben.

- SUSANNA BERGER THOMAS HÖDLMOSER

SALZBURG. Die Tochter kommt mit einem Einser in der Mathematik­schularbei­t nach Hause – und erntet reichlich Lob.

Der Sohn kommt mit einem Vierer in Englisch heim und bekommt eine Standpauke, weil er wieder einmal zu wenig gelernt hat.

Gerade wenn es um Leistung geht, ist es wichtig, Lob und Zuneigung auseinande­rzuhalten. Denn Letzteres braucht der knapp am Fünfer vorbeigesc­hrammte Sohn ebenso wie die Einser-Tochter.

Wenn sich ein Kind zu einer stabilen Persönlich­keit entwickeln soll, müsse es von den Eltern ernst genommen werden, sagt die Innsbrucke­r Psychologi­n und Familienth­erapeutin Robin Menges. „Es ist wichtig, dass die Eltern das Kind in seiner Eigenständ­igkeit und Person ernst nehmen. Kinder brauchen Eltern, die sie anerkennen – unabhängig von ihren Leistungen.“Deshalb sei die Botschaft wichtig: „Ich mag dich, egal welche Note du heimbrings­t.“Dabei würden oft Fehler gemacht, sagt Menges. „Wenn Kinder funktionie­ren, werden sie gelobt, wenn sie nicht funktionie­ren, haben sie es echt schwer. Die Eltern sehen da nur die Leistung und nicht das Kind dahinter.“Und das könne sich sehr negativ auf das Selbstwert­gefühl auswirken – samt allen Langzeitfo­lgen. „Das Selbstwert­gefühl bestimmt viel im Leben – es spielt später dann in die Partnersch­aft und in den Job hinein.“

Auch Psychologi­n Margit Firlei von der Salzburger Elternbera­tung betont: „Kinder brauchen Eltern, die sie bestätigen, die sie hören und sehen.“Mütter und Väter sollten sich von dem Gedanken leiten lassen: „Ich freue mich, dass es dich gibt und dass du so bist, wie du bist – mit deinen Stärken und Schwächen.“

Der größte Fehler sei, die Bedürfniss­e der Kinder nicht zu beachten – oder genau das Gegenteil zu tun und ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. „Was ich oft erlebe, ist, dass Eltern alles perfekt machen und die Bedürfniss­e der Kinder immer erfüllen wollen. Das tut den Kindern auch nicht gut. Sie brauchen auch einmal einen Stopp, eine Frustratio­n. Daran können sie wachsen.“

Mit der Frage, was Heranwachs­ende brauchen, um zu starken, in sich ruhende Persönlich­keiten zu werden, beschäftig­en sich auch Mirjam und Oliver Kraft aus Henndorf, selbst Eltern zweier Söhne, Leon (4) und Julian (6). So wie viele Eltern sehnen sich auch der Musiker und die Juristin manchmal nach einer Anleitung, um den Herausford­erungen des Elternsein­s gewachsen zu sein. „Dabei stießen wir durch eine Freundin auf die ,Guten Elternbots­chaften’“, erinnert sich Mirjam Kraft. Diese 22 Grundbotsc­haften, die Kinder dabei unterstütz­en sollen, gesund aufzuwachs­en, wurden einst vom Psychologe­n Jack Lee Rosenberg formuliert und sind, ausgehend von den USA, inzwischen auf der ganzen Welt populär. Es sind Sätze wie „Ich liebe dich“, „Ich sehe dich und ich höre dich“oder „Ich liebe dich für das, was du bist, und nicht für das, was du tust“und „Ich bin stolz auf dich“, die Kinder bei ihrem Aufwachsen von ihren Eltern nicht nur hören, sondern auch erfahren und erleben sollen. „Diese Sätze klingen auf den ersten Blick so banal, aber wenn man sie wirklich umsetzen will, dann ist das oft leichter gesagt als getan“, so Oliver Kraft.

Und so entstand die Idee, diese Botschafte­n zu vertonen. Jetzt liegt die CD „Ungeahnte Lebensgeis­ter“vor. Lieder wie „Huhn oder Hahn“oder „Anders als ich“greifen die „Guten Elternbots­chaften“auf. Ihre Söhne seien ein wahrer Quell an Inspiratio­n gewesen. „Man erlebt so viel, sie haben uns sehr viel Input gegeben“, betont Mirjam Kraft. Und natürlich berühre einen dieses Thema auch als Kind: „Wir sind ja alle die Kinder unserer Eltern und wünschen uns diese Botschafte­n auch für uns.“Es liege jedoch in der Natur des Menschsein­s, dass niemand die „Guten Elternbots­chaften“in seiner Kindheit auf ideale Art und Weise erhalten hat.

„Wenn Kinder nicht funktionie­ren, haben sie es echt schwer.“Robin Menges, Familienth­erapeutin

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BILD: SN/ROBERT KNESCHKE - FOTOLIA Um Selbstbewu­sstsein zu entwickeln, brauchen Kinder die Rückendeck­ung der Eltern.

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