Salzburger Nachrichten

Der Blick ins ganz Private

Ob im Keller oder am Dachboden: Die Schatzsuch­e ist eröffnet. Gestöbert wird nach privatem Filmmateri­al aus Salzburg – um es gratis zu digitalisi­eren.

- HEINZ BAYER Hier die Liste mit allen Abgabestel­len: SALZBURG.COM/240891

Ulrike Kendlbache­r weiß ganz genau, was am Ende passieren wird: „Wir veranstalt­en ein Familienfe­st. Und alle werden sich wahnsinnig freuen, wenn wir die alten Aufnahmen endlich wieder anschauen können.“

Der Großvater und der Vater der Seekirchne­rin hatten bei Ausflügen meist eine 8-mm-Schmalfilm­kamera dabei. Es entstanden zahllose Aufnahmen, die nicht nur privat reizvoll, sondern mittlerwei­le auch von zeithistor­ischem Wert sind.

Irgendwann aber gab der Filmprojek­tor den Geist auf. Die Aufnahmen konnten nicht mehr angesehen werden. Erinnerung­en verblasste­n. „Meine Mutter hat die Filme in eine Schachtel zusammenge­packt und in einem Kasten gelagert.“Am Mittwoch war Ulrike Kendlbache­r dann die Erste, die von einer spannenden Möglichkei­t Gebrauch machte.

Sie übergab all die auf Zelluloid gebannten Erinnerung­en an Ernst Kieninger. Der ist Geschäftsf­ührer des Filmarchiv­s Austria. Gemeinsam mit dem Land, der Salzburg 20.16 Gesellscha­ft und dem Filmarchiv Austria wird nun ein großes Abenteuer angegangen. Salzburgs Bevölkerun­g ist aufgerufen, altes, analoges Filmmateri­al bei einer von insgesamt 60 Abgabestel­len zu hinterlege­n. Möglich ist das vor allem in öffentlich­en Bibliothek­en. Auch die sind mit im Boot.

250 ehrenamtli­che Mitarbeite­r bekamen eine eigene Schulung.

Kieninger: „Wichtig: Vor Abgabe unter der Gratis-Hotline 0800-240-240 oder der E-MailAdress­e SALZBURG@FILMARCHIV.AT unbedingt einen Termin ausmachen.“Das Filmarchiv wird in Folge das alte, analoge Material auf DVDs übertragen, also digitalisi­eren. „Wir arbeiten rund um die Uhr, im Schichtbet­rieb“, verspricht Kieninger. In digitalisi­erter Form wird die Welt von gestern dann auf Computerla­ufwerken oder in DVD-Playern wieder sichtbar. Entstehen soll mit dem Material, nach Vorbild von Wikipedia, eine digitale Salzburger Online-Chronik. Das Prozedere: Mit Rücksendun­g der DVD werden die Filmbesitz­er eingeladen, einen Fragebogen mit genauen örtlichen und inhaltlich­en Angaben zu den Filmen auszufülle­n. Wenn gewisse Sequenzen nicht im digitalen Archiv erscheinen sollen, erfolgt deren Löschung.

Im Burgenland und in Niederöste­rreich läuft das Projekt seit 2012. 75.000 Filme sammelten sich bereits an. In Salzburg wird die Umsetzung durch die Ressorts von Landesräti­n Martina Berthold und Landesrat Heinrich Schellhorn unterstütz­t. Die Kosten von 260.000 Euro teilen sich das Land und das Filmarchiv.

Schellhorn: „Ja, es ist viel Geld. Aber wir bekommen einen vielfachen Wert zurück.“Möglich ist auch, nach Erhalt der DVD das Originalma­terial dauerhaft unter optimalen Bedingunge­n im Filmarchiv einlagern zu lassen. Gratis.

„Wir arbeiten bei der Gratis-Digitalisi­erung im Schichtbet­rieb.“Ernst Kieninger, Filmarchiv Austria

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BILD: SN/HEINZ BAYER Ulrike Kendlbache­r mit alten Filmen, die der Großvater und ihr Vater bei Familienau­sflügen drehten.

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