Wer macht Oberösterreich aus?
Ein Land erklärt sich selbst anhand von 26 Menschen – etwa einer Autorin, die Gedichte vergraben hat, und einem Regenwurmforscher.
LINZ. Wer sind wir? Wer ist Oberösterreich? Was das Salzburg Museum von 2007 bis 2010 in der Reihe „Salzburg persönlich“realisiert hat, macht nun das Oberösterreichische Landesmuseum in einer Sonderausstellung: Es wird an jene Menschen erinnert, die Großartiges, Ungewöhnliches oder weitreichend Wirksames geleistet haben.
Eine erste Recherche habe Biografien von rund 600 Leuten ergeben, die interessant wären, um sie in einer Ausstellung zu präsentieren, erläutert Gerda Ridler, Direktorin des Oberösterreichischen Landesmuseums. Für die nun 26 Ausgewählten gelte kein Anspruch auf Vollständigkeit. Doch sie alle hätten „das Land im Großen wie im Kleinen geprägt“. Neben Berühmten – wie Anton Bruckner, Alfred Kubin, Franz Stelzhamer und Adalbert Stifter – bekämen auch jene im Linzer Schlossmuseum ein Forum, „die nicht so bekannt sind, aber in ihrem Bereich Großes geleistet haben“.
Bei wem stimmen Bekanntheit und Bedeutung nicht überein? Da nennt Gerda Ridler etwa Maria Franziska Gräfin von Thürheim (1669–1751). Die gründete um 1700 in Schloss Weinberg eine Apotheke und kümmerte sich – für eine Gräfin untypisch – um die medizinische Versorgung ihrer Untertanen.
Von Weltruhm blieb auch Annie Francé-Harrar (1886–1971) verschont. Die Biologin, die aus München stammte und lange in Salzburg lebte, erforschte Grundlagen der Humus- und Kompostwirtschaft und war an der Errichtung einer Anlage zur Kompostierung von Stadtabfällen in Wels beteiligt.
Als Mathematiker und Astronom wird in Oberösterreich vor allem Johannes Kepler (1571–1630) gewürdigt, etwa als Namenspatron der
„Wir stellen jene vor, die in ihrem Bereich Großes geleistet haben.“Gerda Ridler, Museumsdirektorin
Universität. Doch er hatte einen Wegbereiter: Georg Peuerbach (1423–1461) aus dem Hausruckviertel. Er formulierte eine Planetentheorie und zeichnete jene Sterntafeln, die Christoph Kolumbus zur Orientierung auf See nutzten. Er baute Ring- und Klappsonnenuhren sowie 1451 jene steinerne Sonnenuhr, die heute noch am Wiener Stephansdom die Zeit anzeigt.
Ein anderer Wissenschaftler war Karl Wessely (1861–1946), laut Landesmuseum der „bedeutendste Sammler von Regenwürmern“. Er fand heraus, wie Regenwürmer beim Kompostieren und Verbessern des Bodens helfen und baute ab 1889 die Sammlung der Lumbriciden auf. Die 2400 Exemplare von fünfzig Wurmarten samt Fotografien und kolorierten Diapositiven gehören heute dem Landesmuseum.
In „Wir sind Oberösterreich“werden Herrscher wie Politiker ausgespart. Dafür wird an Künstler erinnert: Margret Bilger (1904–1971) schuf in der Glaswerkstätte im Stift Schlierbach für viele Kirchen die Fenster. Die beiden Keramiker Franz Schleiß und Emilie SchleißSimandl gründeten jene künstlerische Werkstätte, die der Gmundner Keramik Impulse gab. Und an eine Dichterin wird erinnert: Henriette Haill. Ab 1924 war die Linzer Hilfsarbeiterin bei der KPÖ; aus Angst vor politischer Verfolgung vergrub sie 1934 ihre Gedichte im Garten.
Der Jesuit Michael Denis aus Schärding hat in zwei unverwandten Bereichen Verdienste erworben: Im Schlossmuseum Linz wird er mit Johann Ignaz Schiffermüller aus Hellmonsödt als Schmetterlingsforscher gepriesen. Beide schildern 1775 im „Systematischen Verzeichniß der Schmetterlinge der Wienergegend“1150 Arten. Michael Denis dichtete aber auch Texte für Kirchenlieder – wie „Tauet, Himmel den Gerechten“und „Der Heiland ist erstanden“.
Was ist mit Lebenden? In der für Kinder wie Erwachsene konzipierten Schau wird diese Frage elegant umschifft: Nach bekannten, fantasievollen, erfinderischen, abenteuerlichen, modernen und neugierigen Oberösterreichern der Vergangenheit werden Preisträger von Jugendwettbewerben 2016 vorgestellt – in Mathematik-Olympiade, BlitzSchach und Prima la musica. Ausstellung: