Inländer raus, Ausländer rein?
Es gärt in der Weinbranche. Ein Hotelier in St. Wolfgang streicht sämtliche österreichischen Weine von seiner Karte. Er meint, die Weine seien zu teuer und die Winzer seien zu selbstherrlich.
Wenn der Gastronom und Hotelier Roland Ballner sauer ist, dann greift er gern zum Äußersten: nämlich zum Lokalverbot. Vor zwölf Jahren kam er weltweit in die Schlagzeilen, weil er ein bis heute andauerndes „Kinderverbot“in seinem Hotel Cortisen am Wolfgangsee verhängte. Am 1. Mai wartet er nun mit einer weiteren Neuerung auf: Er verbannt auf sämtlichen 300 Positionen seiner Weinkarte Erzeugnisse, die aus Österreich stammen. Der Grund: „Ich fühle mich zusehends gepflanzt. Und zwar vom Preisniveau der bekannten heimischen Winzer genauso wie von Mindestbestellungen bei den Spitzengewächsen.“Außerdem bemerke er mittlerweile österreichweit eine Uniformität der Weinkarten. Die Idee sei während einer seiner vielen Reisen in Südafrika und Argentinien gereift: „Dort gibt es viele spannende Weine zu einem weitaus besseren Preis-LeistungsVerhältnis.“Weitere Weine würde er aus Dalmatien, Istrien, Ungarn, Tschechien, Südfrankreich und Spanien beziehen. Was die Weißweine betrifft, werde er jetzt auf Rheinhessen und die Pfalz setzen. Die Weinkarte werde deshalb aber nicht unbedingt günstiger sein. „Die internationalen Weine haben aber zweifellos ein besseres PreisLeistungs-Verhältnis“, sagt Ballner, der außerdem nicht einsehen mag, warum die Winzer ihre Frost- und Hagelschäden immer im nächsten Jahr an die Kunden weitergeben. „Ich kann ja auch nicht in einem verregneten Sommer die Zimmerpreise für die wenigen Gäste erhöhen.“
Dorli Muhr, die Chefin der internationalen Agentur Wine&Partners, hat einen großen Überblick über die internationalen Entwicklungen im Weinbau. Die meisten Aussagen Ballners bezeichnet sie als polemisch. „Ein Winzer hat im Leben ja nur 40 Mal die Gelegenheit, ein Produkt zu machen“, sagt sie. Da sei es nur logisch, dass Ernteausfälle über zehn Jahre ausgeglichen werden müssen. Sonst könnten sie ja gleich zusperren. Weiters hätten sich prominente Winzer ihren guten Ruf und ihre zuverlässig guten Weine auch hart erarbeitet. Ballners Aktion, so Muhr, sei in erster Linie eine Marketing-Idee. „Dass er das kann, das wissen wir seit seiner Kinderverbot-Story.“Der Hotellerie und Gastronomie rät sie, ihre Hausaufgaben besser zu machen: „Man muss die Gäste auf gute neue Weine neugierig machen können.“Aktuell nennt sie zwei Wiener Szenelokale, die eine spannende Weinkarte ohne die üblichen Verdächtigen bieten: das Loft im Wiener Sofitel und das Kussmaul. „Da schaue auch ich als Expertin neugierig auf die Karte und sage zum Sommelier: ,So, komm: Jetzt erzähl mal.‘ Beim Wein lernt man ja nie aus.“Wer sich ständig mit der Weinszene auseinandersetze, dem werde auch nie fad. Und dass man in Österreich nicht so günstige Weine produzieren kann wie etwa in Südafrika, das habe gute Gründe: „Wir haben hier nur kleine Betriebe und keine Massenbetriebe. Die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter wurden erheblich verbessert. Ob die Gastronomie bei diesen Standards mithalten kann, da bin ich mir übrigens nicht ganz sicher. Und es macht eben einen Unterschied, ob ein Winzer seine Fixkosten auf ein paar Hunderttausend Flaschen aufschlagen muss oder auf 15 Millionen.“
Für Willi Klinger, dem Chef der Agentur Österreich Wein Marketing (ÖWM), ist Ballners Aktion ein Einzelfall. Er zeigt aber auch Verständnis, dass bei einer Marktsättigung durch heimische Weine von 85 Prozent in der Gastronomie jemand radikal ausscheren will. „Nur: Wer will schon in der Toskana keine italienischen Weine trinken?“, gibt er zu bedenken. Dazu sagt Ballner: „Ich habe fast nur Gäste aus Wien und Niederösterreich. Glauben Sie mir: Da haben viele genug von ihren Hausweinen.“
„Ich kann auch nicht die Zimmerpreise erhöhen, wenn es ständig regnet.“