Rechter Hass in der deutschen Bundeswehr
In 275 Fällen wird wegen des Verdachts rechtsextremer Handlungen ermittelt. Viele der Beschuldigten haben immer noch Zugang zu Waffen.
Auf einem Foto ist ein Soldat zu sehen mit einem Maschinengewehr im Anschlag, Mündung in Richtung des Bildbetrachters. Darunter der Schriftzug: „Das schnellste deutsche Asylverfahren, lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab.“Ein Soldat der deutschen Bundeswehr hat diesen Eintrag online gestellt. Die Konsequenz war ein Verfahren, das aber mittlerweile eingestellt wurde, „weil kein Dienstvergehen nachgewiesen werden konnte“, teilt das Verteidigungsministerium mit. Der Soldat hat weiterhin Zugang zu Waffen.
Der Militärische Abschirmdienst (MAD) prüft derzeit 275 rechtsextreme Verdachtsfälle in der deutschen Bundeswehr. Das geht aus einer Antwort des deutschen Verteidigungsministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion hervor, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. 143 Fälle stammen demnach aus dem Jahr 2016 und 53 Fälle aus diesem Jahr.
Der Wehrbeauftragte hatte für das Jahr 2016 insgesamt 63 Vorfälle in den Bereichen Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit gemeldet. Aus dem Papier der Bundesregierung geht hervor, dass es in elf dieser Fälle zu Entlassungen kam. In anderen Fällen mussten die Soldaten Geldstrafen zahlen, teilweise laufen die Ermittlungen noch.
Dem Bericht zufolge handelt es sich häufig um sogenannte Propagandadelikte. Mehrere Soldaten riefen etwa „Sieg Heil“oder zeigten den Hitlergruß. In einem anderen Fall griff ein Soldat gemeinsam mit einem Komplizen Flüchtlinge an. Zuvor hatte der Soldat die Flüchtlinge gefragt, ob sie Christen oder Muslime seien. Die Polizei bewertete dies als politisch motivierte Straftat. Es wurde eine vorzeitige Entlassung beantragt. Aber auch dieser Soldat hat laut dem Regierungspapier weiterhin Zugang zu Waffen.
Aus Sicht der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, rächt sich hier eine Personalpolitik der Bundeswehr, die angesichts des großen Personalmangels teils Zugeständnisse bei den Rekruten mache: „Es darf nicht sein, dass die Bundeswehr ihre Nachwuchsprobleme dadurch löst, dass sie Nazis in ihren Reihen duldet und ihnen gar Zugang zu Waffen gewährt“, kritisiert sie. Bei der Bekämpfung von Rechtsextremisten in der Truppe dürften keine Abstriche gemacht werden. „Wer sich als Hitler-Fan entpuppt, muss aus der Bundeswehr rausfliegen“, fordert Jelpke. Auch der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) sagte den Zeitungen der Funke-Gruppe, derartige Vorfälle dürften nicht geduldet werden. Rechtsextremismus sei ein Thema, „bei dem die Bundeswehr ganz genau hinschauen muss“.