Kalifornien gegen Trump
Die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt denkt gar nicht daran, sich von Donald Trump ihre Klimapolitik vorschreiben zu lassen.
Der Sonnenstaat wartet den Angriff auf sein grünes Erbe gar nicht erst ab. „Wir haben die Wissenschafter, wir haben die Juristen, und wir sind bereit zu kämpfen“, kündigte Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown bereits nach der Wahl Donald Trumps an. „Wir werden uns verteidigen.“
Und nicht nur das. Der Bundesstaat Kalifornien fordert Washington heraus. Während Trump der Automobilindustrie verspricht, die Verbrauchsstandards seines Vorgängers Barack Obama dramatisch zu senken, schrieb die „Clean Air“Behörde Kaliforniens die Grenzwerte Ende März einmal vorsorglich fest.
Egal was Trumps Scott Pruitt, der neue Mann an der Spitze der Umweltbehörde EPA, macht, müssen neue Autos und Lkw in Kalifornien bis 2025 fast doppelt so viele Kilometer aus jedem Liter Kraftstoff herauspressen wie 2012, dem Jahr, in dem Obama die strikten Vorschriften erließ. „Wie könnte man überhaupt nur erwägen, die Lösung unserer Probleme der Gnade der Trump-Regierung zu überlassen“, erklärt die Chefin der kalifornischen „Clean Air“-Agentur, Mary D. Nichols. „Lasst uns handeln.“
Die Antwort aus Washington dürfte nicht lang auf sich warten lassen. „Kalifornien ist in vielerlei Beziehung komplett aus dem Ruder gelaufen“, schimpfte Präsident Trump in einem Interview mit FoxNews-Moderator Bill O’Reilly. Trumps EPA-Chef Scott Pruitt, der aus der fossilen Energiewirtschaft kommt, könnte schon sehr bald versuchen, Kaliforniens Regulierungsbefugnisse einzuschränken. Dabei handelt es sich um eine Sonderregelung im „Clean Air Act“, die Kalifornien die Möglichkeit gibt, striktere Umweltregeln aufzustellen.
Diese Sonderregelung ist eine Art Verbeugung vor der grünen Vorreiterrolle, die Kalifornien schon in den 1960er-Jahren spielte, als es als erster US-Bundesstaat Verbrauchsstandards für Haushaltsgeräte und Autos erließ. Auf Bundesebene zog der Kongress erst ein Jahrzehnt später mit dem „Clean Air Act“nach.
Die Ergebnisse der strikten Regeln Kaliforniens können sich sehen lassen. Nirgends werden erneuerbare Energien so konsequent ausgebaut wie hier. Bis 2020 muss ein Drittel des Energiemix aus sauberer Energie stammen.
Die ambitionierten Ziele haben Innovation gefördert und Kalifornien zu einem Magneten für die grüne Industrie gemacht.
Nirgendwo werden in den USA so viele Umwelttechnologie-Patente angemeldet wie hier. Der widerstand gegen die Trump-Administration gründet auch auf handfesten wirtschaftlichen Interessen.
Ein klimapolitischer Kahlschlag „wäre ein Jobvernichter und träfe am Ende die USA insgesamt, weil Kalifornien 13 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt“, betonte der demokratische Senator Kevin de León.
Gouverneur Jerry Brown heuerte zur Verteidigung des Klimaerbes seines Bundesstaats Obamas ehemaligen Justizminister Eric Holder an. Analysten sehen in der Wahl des Topanwalts, der heute wieder als Partner bei der Kanzlei Covington & Burling tätig ist, wegen dessen Vertrautheit mit den Umweltregulierungen einen cleveren Schachzug.
Parallel dazu berät das kalifornische Parlament, in dem die Demokraten über eine Zweidrittelmehrheit verfügen, über ein Gesetz, das nicht nur die Verbrauchsstandards für Kraftstoffe, sondern alle vor Amtsübernahme Trumps geltenden Umweltgesetze des Bundes zu kalifornischem Recht erklärt.
Gouverneur Brown sieht sich als Speerspitze einer grünen Widerstandsbewegung, die weit über Kalifornien hinausgeht. Zwölf andere Bundesstaaten – darunter New York und Washington D.C. – haben sich bereits den strengen Kfz-Standards angeschlossen. Die amerikanische Automobilindustrie könnte es sich selbst unter gelockerten EPA-Vorschriften kaum leisten, an einem Markt mit 130 Millionen Menschen vorbei zu produzieren.
Auch international sucht der Sonnenstaat mit einem eigenen Klimaabkommen, das er mit 160 Staaten und Städten geschlossen hat, den Schulterschluss. „Wir können es uns nicht leisten, den Klimaleugnern das Feld zu überlassen“, betont Gouverneur Brown. „Die Botschaft der Wissenschaft ist eindeutig. Die Gefahr ist real.“