Die Kunst als Funke der Hoffnung für die Griechen
Athen steht bis Sommer im Zeichen der Kunst. Eine willkommene Ablenkung vom harten Alltag, an dem sich wenig ändern wird.
Auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament im Zentrum Athens bietet sich dieser Tage ein höchst ungewöhnliches Bild. Dort, wo sonst gegen die internationalen Geldgeber Griechenlands oder gegen die eigene Regierung demonstriert wird, die laut ihren Kritikern gegenüber den Gläubigern zu willfährig agiert, nähen junge Menschen mit dem ghanaischen Künstler Ibrahim Mahama Jutesäcke zusammen. Die Idee, die dahinter steht: Auf dem Platz mit seiner langen Geschichte soll mit dem Zusammenfügen von Stofffetzen, die auch eine Geschichte haben, etwas Ganzes, Gemeinsames werden. Das Projekt ist Teil der documenta 14, der wichtigsten Ausstellungsreihe für zeitgenössische Kunst, die für drei Monate ihr Lager in der griechischen Hauptstadt aufgeschlagen hat.
Es ist eine Einladung zum Zusammenhalt, eine wenn auch nur symbolische Mutinjektion – aber sie könnte sich als Labsal für die geschundene Seele der griechischen Bevölkerung erweisen. Die leidet seit Jahren unter der tiefen Wirtschaftskrise und unter den drakonischen Maßnahmen, die wechselnde Regierungen auf Druck der internationalen Geldgeber setzen mussten. Die haben sich vergangenes Wochenende zumindest im Grundsatz darauf geeinigt, Griechenland weitere Milliardenhilfen zukommen zu lassen, allerdings erneut unter strengen Auflagen.
Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte Reformen im Pensions- und Steuersystem zu, und die Regierung hat gar keine andere Wahl, als sie umzusetzen. Sie braucht bis Juli 7 bis 8 Mrd. Euro, um ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können. Das wiederum ist Bedingung für den ehrgeizigen Plan, Ende 2017 an den Kapitalmarkt zurückkehren zu können.
Der Internationale Währungsfonds und die EU haben ihren Streit über den besten Weg für Griechenland zurückgestellt. Aber die Entscheidung, ob eine Schuldenreduktion nötig ist, steht aus. Irland, Spanien oder Portugal haben es in vergleichsweise kurzer Zeit geschafft, finanziell wieder auf eigenen Beinen zu stehen, in Griechenland ist das nicht realistisch. Will man es in der Eurozone halten, geht das nicht ohne Gläubigerverzicht. Ob man das mit einem klaren Schnitt macht oder die Rückzahlung auf viele Jahrzehnte streckt, ist eher eine politische Frage, wirtschaftlich macht es kaum einen Unterschied.
Wenn nichts mehr hilft, hilft nur mehr die Kunst. Die Griechen wissen aber auch, dass es mit der Kunst allein nicht getan sein wird. Sie beflügelt zwar den Geist, aber macht die Menschen nicht satt. Die Griechen haben daher noch viele harte Jahre vor sich.