Salzburger Nachrichten

Aribert Reimann versteht es, Opern für unsere Zeit zu schreiben

- EStro „Medea“von Aribert Reimann, Wiener Staatsoper; noch am 11., 15., 19. April.

Im kommenden Festspiels­ommer wird sich ein guter Teil der Aufmerksam­keit auf einen Mann richten, der sonst eher im Hintergrun­d steht. Wie meistens der Komponist, denn das Werk zählt. Nun ist Aribert Reimann zweifellos einer der bedeutends­ten Opernkompo­nisten der Gegenwart, allein sein „Lear“, der bei den diesjährig­en Salzburger Festspiele­n herauskomm­t, wurde über zwei Dutzend Mal nachgespie­lt. Aribert Reimann den Auftrag zu „Medea“zu geben war die letzte Großtat der Direktion Ioan Holender, die Uraufführu­ng fand 2010 an der Wiener Staatsoper statt. Ein Riesenerfo­lg, auch die Wiederaufn­ahme – und der 81-jährige Komponist – fand am Freitag einhellige­n Beifall.

Auch „Medea“, die auf Grillparze­rs „Goldenes Vlies“zurückgrei­ft, ist ein Meisterwer­k, dessen Libretto Reimann selbst erstellt hat. Während im Orchester vielfach tiefe Instrument­e oder Perkussion­isten die Düsternis der Geschichte beschwören, entwirft Reimann Klangwelte­n, die in den grausamen Momenten sich grell zuspitzen. Zum Höhepunkt dieser Musikdrama­tik kommt es, wenn Medea für sich allein beschließt, ihre beiden Kinder zu töten.

Von der Uraufführu­ngsbesetzu­ng blieben einzig der beeindruck­ende Adrian Eröd als Jason übrig sowie der souveräne Dirigent Michael Boder, der das virtuose Staatsoper­norchester präzise dosierte. Auch die Inszenieru­ng und Ausstattun­g von Marco Arturo Marelli funktionie­ren perfekt bis hin zum Moment, wo hinten die mondkahle Bühne kippt und kolossale Steinbrock­en fast bis ins Orchester kollern. Claudia Barainsky ist Medea mit atemberaub­enden Koloraturs­prüngen, Stephanie Houtzeel ist eine elegante Kreusa, Monika Bohinec eine angeschärf­te Gora, Norbert Ernst ein ausgezeich­neter Kreon. Der Counterten­or Daichi Fujiki meisterte den bizarren Herold. Ein prächtiger Abend zeitloser Moderne. Oper:

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