Aribert Reimann versteht es, Opern für unsere Zeit zu schreiben
Im kommenden Festspielsommer wird sich ein guter Teil der Aufmerksamkeit auf einen Mann richten, der sonst eher im Hintergrund steht. Wie meistens der Komponist, denn das Werk zählt. Nun ist Aribert Reimann zweifellos einer der bedeutendsten Opernkomponisten der Gegenwart, allein sein „Lear“, der bei den diesjährigen Salzburger Festspielen herauskommt, wurde über zwei Dutzend Mal nachgespielt. Aribert Reimann den Auftrag zu „Medea“zu geben war die letzte Großtat der Direktion Ioan Holender, die Uraufführung fand 2010 an der Wiener Staatsoper statt. Ein Riesenerfolg, auch die Wiederaufnahme – und der 81-jährige Komponist – fand am Freitag einhelligen Beifall.
Auch „Medea“, die auf Grillparzers „Goldenes Vlies“zurückgreift, ist ein Meisterwerk, dessen Libretto Reimann selbst erstellt hat. Während im Orchester vielfach tiefe Instrumente oder Perkussionisten die Düsternis der Geschichte beschwören, entwirft Reimann Klangwelten, die in den grausamen Momenten sich grell zuspitzen. Zum Höhepunkt dieser Musikdramatik kommt es, wenn Medea für sich allein beschließt, ihre beiden Kinder zu töten.
Von der Uraufführungsbesetzung blieben einzig der beeindruckende Adrian Eröd als Jason übrig sowie der souveräne Dirigent Michael Boder, der das virtuose Staatsopernorchester präzise dosierte. Auch die Inszenierung und Ausstattung von Marco Arturo Marelli funktionieren perfekt bis hin zum Moment, wo hinten die mondkahle Bühne kippt und kolossale Steinbrocken fast bis ins Orchester kollern. Claudia Barainsky ist Medea mit atemberaubenden Koloratursprüngen, Stephanie Houtzeel ist eine elegante Kreusa, Monika Bohinec eine angeschärfte Gora, Norbert Ernst ein ausgezeichneter Kreon. Der Countertenor Daichi Fujiki meisterte den bizarren Herold. Ein prächtiger Abend zeitloser Moderne. Oper: