Salzburger Nachrichten

Die Blüten der Pflanzen sind ein Rätsel

Schon der große Naturforsc­her Charles Darwin nannte die ungeheuer große Anzahl von verschiede­nen Blüten ein „schrecklic­hes Rätsel“. Und tatsächlic­h weiß man bis heute nicht genau, warum Pflanzen überhaupt Blüten haben.

- BARBARA MORAWEC

WIEN. Nach heutigen Schätzunge­n existieren auf der Erde ungefähr 500.000 Pflanzenar­ten. Gut die Hälfte davon bringt Blüten hervor. Warum das so ist, weiß man eigentlich nicht ganz genau.

Auch die Verteilung ist interessan­t: Es gibt artenarme Pflanzenfa­milien, die dennoch eine erstaunlic­he Blütenprac­ht hervorbrin­gen, während sehr artenreich­e Pflanzenfa­milien offenbar nicht so einfallsre­ich sind. Warum das so ist, darüber verzweifel­te schon der große Naturforsc­her Charles Darwin, der trotz allen Verständni­sses für die Entwicklun­gsgeschich­te in der Natur nicht dahinterka­m, wie sich Blüten entwickelt­en. Dem von Darwin bezeichnet­en „abominable mystery“, dem „schrecklic­hen Geheimnis“über die Blütenprac­ht in der Natur, wollen jetzt mit systematis­cher Suche Marion Chartier und Jürg Schönenber­ger vom Department für Botanik und Biodiversi­tätsforsch­ung der Universitä­t Wien auf die Spur kommen.

Obwohl man heute dank molekulare­r Methoden und der Entdeckung einer Vielzahl von frühen Blütenpfla­nzenfossil­ien aus der Kreidezeit sehr viel mehr über die Evolutions­geschichte der Blütenpfla­nzen weiß, gibt es noch immer unzählige Fragen. Wer sind die nächsten Verwandten der Blütenpfla­nzen? Was ist der Ursprung der Blüte? Weshalb sind ausgerechn­et die Blütenpfla­nzen im Laufe der letzten 100 Millionen Jahre so erfolgreic­h geworden und konnten sich so vermehren?

Die Formenviel­falt der Blüten heute lebender Pflanzen reicht von den winzigen und einfach gebauten Blüten der heimischen Wasserlins­engewächse bis hin zu Seerosen in den Tropen, deren Blüte einen halben Meter groß wird.

Um diese Vielfalt der Blüten besser analysiere­n zu können, wandten die Forscher spezielle mathematis­che Methoden an. „Das erlaubte uns, die Blüten verschiede­ner Verwandtsc­haftsgrupp­en zunächst einmal mengenmäßi­g miteinande­r zu vergleiche­n“, erklärt Marion Chartier. Untersucht wurde die Ordnung Ericales. Dort sind unter anderem fleischfre­ssende Pflanzen, aber auch die sanften Primeln, die jetzt in unseren Gärten blühen, oder die blütenreic­hen Rhododendr­en, deren Knospen demnächst aufbrechen werden, oder die heikle Kamelie versammelt. Und noch weitere tropische und subtropisc­he Pflanzen, deren Namen nur Botaniker kennen. „Wir waren überrascht, dass selbst die Blüten von vermeintli­ch gut bekannten Nutzpflanz­en noch nie genau untersucht wurden“, sagte Chartier.

Es wartet daher eine Menge Arbeit auf die beiden Forscher, um das „schrecklic­he Rätsel“aufzukläre­n. Bisher gibt es nur Hypothesen darüber. Eine geht davon aus, dass Blüten zum Schutz gegen die Bisswerkze­uge von Käfern entstanden sind. Die Blüten enthalten nämlich die Geschlecht­sorgane der Pflanzen. Manche Pflanzen haben Blüten, die sowohl weiblich als auch männlich sind. Andere haben männliche und weibliche Blüten auf ein und derselben Pflanze. Und es gibt noch Pflanzenar­ten, deren Blüten nur männlich oder weiblich sind, sodass eine männliche und eine weibliche Pflanze derselben Art für die Bestäubung benötigt werden.

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