Europäisches Know-how gegen Fake-News
Das EU-Parlament plant eine Plattform, auf der sich Fakten rasch abklopfen lassen sollen.
BRÜSSEL. Ob es um den Ausbruch einer Epidemie geht, technische Neuerungen, Nahrungsmittelzusätze oder neue medizinische Erkenntnisse: Zu jedem Thema gibt es sofort zahllose Berichte und Informationen, die einander nicht selten völlig widersprechen. Was tatsächlich stimmt, ist auch für Experten meist nicht ganz leicht herauszufinden.
Das soll sich nach Ansicht einer Gruppe von EU-Parlamentariern ändern. Sie arbeiten im Hintergrund an einer europäischen Plattform, die es Wissenschaftern, Studenten, politischen Beratern, Journalisten und interessierten Bürgern ermöglichen soll, rasch zu prüfen, wie die Faktenlage wirklich ist. Der Vorteil des European Science Media Hub – so der Arbeitstitel – sei, dass diese Stelle „nicht parteipolitisch, nicht geografisch und nicht ideologisch“wäre, sagt der Europaparlamentarier Paul Rübig. In einer Zeit von Fake-News sei es wichtig, rasch Zugang zu unabhängigen und richtigen Quellen zu haben. Rübig ist derzeit Vizevorsitzender des Wissenschaftspanels im EU-Parlament (STOA). Es arbeitet den Ausschüssen mit Studien und Expertisen über technologisch und wissenschaftlich innovative Themen zu, die immer öfter in die EU-Gesetzgebung hineinspielen. Und es kooperiert mit Wissenschaftseinrichtungen der EU-Kommission, wie dem Joint Research Centre oder der Gruppe wissenschaftlicher Berater von Kommissionspräsident JeanClaude Juncker.
Einige EU-Länder haben bereits solche Science-Media-Center, darunter Deutschland und Großbritannien, andere arbeiten daran. Alle diese Aktivitäten könnten nach Ansicht Rübigs gebündelt und so zusätzlicher Nutzen geschaffen werden. Außerdem sollten die 44 EU-Agenturen – von Arznei- über Lebensmittelprüfung bis zu Fischerei oder Menschenrechte – in das Netzwerk eingebunden werden. Diese würden oft isoliert arbeiten, verfügten aber über sehr viel Know- how. Angesiedelt werden könnte der Science Media Hub im Parlamentsgebäude in Straßburg, das derzeit ohnehin nur eine Woche pro Monat genutzt werde, sagt der Abgeordnete. In der Elsässer Stadt an der deutschen Grenze gebe es bereits Einrichtungen, die ebenfalls eingebunden werden könnten, wie die Elitehochschule ENA oder das Nationale Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS.
Das EU-Parlament wird im Herbst über ein erstes Budget für die neue Plattform abstimmen. Vorgesehen sind zunächst 800.000 Euro für 2018. Nachdem die großen Fraktionen dafür sind, sollte es auch durchgehen. Wenn die Strukturen stehen, könnte der Science Media Hub auch Weiterbildungsoder Austauschprogramme für Experten und Journalisten anbieten.
„Neutral gibt es nicht in der Wissenschaft.“Paul Rübig, EU-Abgeordneter