Berlin ist Bühne für den freien Welthandel
Als Antwort auf wachsenden Protektionismus preisen internationale Organisationen die Vorzüge des freien Handels.
Rund eine Woche bevor Notenbanker und Finanzminister aus aller Welt in Washington zur Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds zusammenkommen sprachen sich ihre Spitzenvertreter sowie der Welthandelsorganisation für möglichst ungehinderten Handel aus. Anlass war ein Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Laut IWF, Weltbank und WTO ist der globale Handel an einer entscheidenden Wegkreuzung angekommen. In einer von allen drei Organisationen gemeinsam erstellten Studie, die am Montag in Berlin präsentiert wurde, heißt es, die stärkere Einbindung in den Handel habe entwickelten und aufstrebenden Volkswirtschaften zu mehr Wachstum verholfen. Seit Beginn des Jahrtausends habe aber das Tempo der Reformen im Handels nachgelassen und der Protektionismus zugenommen. Das Risiko weiterer Rückschritte laste auf dem Handel, der Produktivität und dem Einkommenswachstum.
Der konzertierte Auftritt wird als Signal interpretiert, dass das multilaterale, auf klaren Regeln beruhende Handelssystem bilateralen Abkommen vorzuziehen ist, wie sie US-Präsident Donald Trump propagiert. IWF-Chefin Christine Lagarde will das Papier aber nicht als Reaktion auf die Veränderungen in der US-Politik verstanden wissen. Die Studie sei „eine Antwort auf die Forderung der G20 nach einer Politik, mit der jeder vom globalen Handel profitieren kann“, sagte Lagarde. Der Handel dürfe daher „nicht zurückgedrängt, sondern muss neu belebt werden“, betonte die IWFChefin. Die Untersuchungen zeigten, dass Freizügigkeit im Handel mehr Wettbewerb und höhere Produktivität zur Folge habe. Auch der Lebensstandard sei gestiegen, wohingegen die Preise gesunken sind.
Der Generaldirektor der WTO, Roberto Azevedo, sieht die größte Gefahr darin, dass man in die Zeiten unilateraler Handelsabkommen zurückfalle, und das betreffe keineswegs nur die Trump-Administration. Wenn man diesen Weg beschreite, dann drohten Auseinandersetzungen zu eskalieren.
„Niemand in der Welt ist für unfairen Handel“, sagte er im Hinblick auf die Beschwerden der USA. Die neue US-Regierung von Trump hatte der WTO vorgeworfen, unfairen Handelspraktiken keinen Einhalt zu gebieten und zu verhindern, dass die USA von diesen Ländern Entschädigungen erhielten.
In ihrem Bericht gehen IWF, Weltbank und WTO auch auf Kritik am Freihandel ein. Ausgelöst durch eine längere Periode schwächeren Wirtschaftswachstums habe man zu wenig berücksichtigt, dass es Benachteiligte von Handel, Globalisierung und Technologie gebe. Das habe die Skepsis gegenüber offenem Handel erhöht. Dem müsse man mit besserer Kommunikation über die Vorteile des freien Handels, vor allem aber mit besserer Verteilung des Nutzens entgegenwirken.
„Man muss sich um die Menschen kümmern, die tatsächlich zurückbleiben“, sagte Azevedo. Für den Großteil der Arbeitsplatzverluste sei die technologische Innovation verantwortlich und nicht der Handel. Es gehe daher um Maßnahmen, die nachteilige Folgen der Digitalisierung abmildern könnten. Für Weltbank-Präsident Jim Yong Kim ist offener Handel auch „eine Frage sozialer Gerechtigkeit“.
Angel Gurría, Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der ebenfalls in Berlin war, warnte vor einer Abschottung der Märkte und rief zu mehr internationaler Kooperation auf. „Offene Märkte bleiben die Garanten für Wachstum und Wohlstand.“Man brauche aber auch „einen Rahmen, in dem wir die Globalisierung gestalten und sicherstellen, dass alle von ihren Früchten profitieren“, sagte Gurría vor der Zusammenkunft mit Merkel.
„Handel muss neu belebt werden.“Christine Lagarde, IWF-Geschäftsführerin