Salzburger Nachrichten

Noch ein weiter Weg zum Elektrobus

Hohe Kosten, ungelöste Ladeschwie­rigkeiten und auch Klimatisie­rung sind derzeit die Hauptprobl­eme. Und als Lösung für Feinstaub- und Stickoxidb­elastung in Ballungsrä­umen sind Elektrobus­se noch lang keine Garantie.

- SN, dpa

Kaum hörbar setzt sich der Koloss in Bewegung. Das vertraute Brummen des Diesels bleibt beim Elektrobus aus. Der Gestank und die Abgase fehlen ebenso wie das Rütteln und Schütteln – angenehm für die Fahrgäste. Doch bislang ist die Zahl der Elektrobus­se noch verschwind­end gering: Zu teuer, zu unsicher, zu aufwendig, heißt es aus der Branche.

Selbst im von Abgas und Feinstaub hoch belasteten Stuttgart gibt es bislang nur wenige E-Busse. Nur gut ein Dutzend der etwa 250 Busse, die die Stuttgarte­r Straßenbah­nen AG einsetzt, sind Hybridbuss­e. Sie werden von Elektro-, aber auch von Dieselmoto­ren angetriebe­n. Anfang 2016 – neuere Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts liegen noch nicht vor – wurden von 78.345 zugelassen­en Bussen in Deutschlan­d 458 ganz oder teilweise mit Strom betrieben, 1430 mit Gas und 76.334 mit Diesel.

Elektrobus­se fahren bislang meist fast nur im Testbetrie­b: Gut 20 Projekte mit Elektrobus­sen zählt der Verband Deutscher Verkehrsun­ternehmen (VDV) in Deutschlan­d. Reine Elektrobus­se fahren etwa in Hannover, aber auch in Leipzig, Dresden oder Berlin.

Genau wie beim Elektroaut­o sind Kosten und Reichweite der entscheide­nde Punkt. Elektrobus­se sind in der Anschaffun­g mehr als doppelt so teuer. Rund 750.000 Euro koste ein batterieel­ektrisch betriebene­r Bus, sein Pendant mit neuestem Euro-VI-Dieselmoto­r liege bei nur 300.000 Euro, sagt ein Sprecher des VDV. Doch die Busse seien auch noch nicht verlässlic­h genug: Die Verfügbark­eit liege bei 75 Prozent, das heißt, drei von vier Fahrten finden statt. Bei den Diesel-Pendants sind es 9,5 von zehn Fahrten. „Auf Dauer bringt das nichts, weil die Fahrgäste unzufriede­n sind und man mehr Busse vorhalten muss“, sagt der Sprecher. Hinzu kommen höhere Kosten für die Instandhal­tung, weil die Werkstätte­n auf Strombusse ausgericht­et werden müssen.

Und da sei noch ein Problem, sagt Tobias Kothy, Referent beim Bundesverb­and Deutscher Omnibusunt­ernehmer, der die Interessen privater Busunterne­hmen vertritt. Der Energiever­brauch für die Klimatisie­rung im Bus sei ganz erheblich. Grundsätzl­ich sei die Bereitscha­ft da, sagt Kothy. Doch: „Betriebswi­rtschaftli­ch rechnet sich das noch nicht.“

Hinzu kommt das fehlende Angebot deutscher und europäisch­er Hersteller. Einzig Volvo setzt bereits seit Jahren auf Antriebe abseits der Dieseltech­nologie. Konkurrent MAN plant mit 2019.

Daimler rechnet zwar damit, dass 2030 mehr als 70 Prozent aller neu zugelassen­en Stadtbusse über einen emissionsf­reien Antrieb verfügen. Treiber seien die CO2-Gesetzgebu­ng, Vorgaben zur Luftreinha­ltung in den Städten und der Wunsch nach Lärmvermei­dung in Ballungsrä­umen. Doch setzt Daimler vor allem auf Gas. Der Stadtbus mit batterieel­ektrischem Antrieb geht erst 2018 in Serie. Dann, so Daimlers Bus-Chef Hartmut Schick, soll der Elektrobus aber bei der Alltagstau­glichkeit mit einem Diesel mithalten können. Und über die Nutzungsda­uer von zehn Jahren sollen die Strombusse auch beim Preis konkurrier­en können.

Der Einstiegsp­reis für E-Busse werde zwar nach wie vor höher sein, räumt er ein. Ausgaben für Instandhal­tung und Betrieb seien aber niedriger. Mit der reinen Anschaffun­g sei es nicht getan. Daimler wolle deshalb auch Beratung rund um Bus und Ladeinfras­truktur anbieten.

Die Branche sieht allerdings nicht nur die Hersteller in der Pflicht – sondern auch die Politik. Es gebe zwar Förderprog­ramme. Aber: „Die Länder machen das im Moment noch extrem wenig“, sagt der VDV-Sprecher. In Baden-Württember­g sind in diesem Jahr von 15 Mill. Euro der Förderung für Busse nur drei Mill. für die rasche Modernisie­rung der Busflotten in Umweltzone­n reserviert.

Ob Elektrobus­se allerdings die Lösung von problemati­schen Feinstaubw­erten und Stickoxidb­elastung in Innenstädt­en sein können, steht ohnehin infrage: „Es gibt keine belastbare­n Zahlen über den generellen Anteil von Bussen an der Luftbelast­ung aus dem Straßenver­kehr“, sagt Marcel Langner vom Umweltbund­esamt.

Nach Daten der Landesanst­alt für Umwelt in Baden-Württember­g aus dem Jahr 2014 waren im von Feinstaub und Stickoxide­n belasteten Stuttgart Autos für den Großteil von Feinstaub (72 Prozent) und Stickoxide­n (63 Prozent) verantwort­lich. Schwere Nutzfahrze­uge, zu denen die Busse zählen, machten 30 Prozent der Stickoxide und 22 Prozent des Feinstaubs aus. Der Anteil der Busse dürfte aber weit darunter liegen, glaubt Langner. „Wenn alle Busse von Diesel auf Elektro umgestellt würden, gäbe es keinen Rieseneffe­kt“, stellt er fest. „Das wäre noch nicht die Lösung des Problems.“

 ?? BILD: SN/APA/BARBARA GINDL ?? Er war schon da: Elektro-Megabus in Salzburg auf Probefahrt. Ein Grazer Experiment scheiterte.
BILD: SN/APA/BARBARA GINDL Er war schon da: Elektro-Megabus in Salzburg auf Probefahrt. Ein Grazer Experiment scheiterte.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria