Und die Doktorväter bleiben ungeschoren
Das Stehlen von Inhalten ist kein Kavaliersdelikt. Das gilt auch für jene, die ihre Kontrollaufgaben nicht richtig wahrnehmen.
Für Karl-Theodor zu Guttenberg läuft alles wie am Schnürchen: beste Familie, beste Ausbildung, beste politische Karriere, die Nachfolge von Angela Merkel nur noch eine Frage der Zeit. Dann plötzlich der Zusammenbruch: Seine Universität nimmt ihm den Doktortitel weg. Begründung: Er habe abgeschrieben, ohne es dazuzusagen. Ansonsten würde man das ja „zitieren“nennen.
Guttenberg war der erste prominente Plagiator im deutschen Sprachraum, den sein schlampiger Umgang mit Quellen die Karriere kostete. In der Steiermark hat die Uni Graz jetzt einem Landesrat den Doktortitel aberkannt. Gut ein Drittel seiner Dissertation war kopiert. Seine Parteifreunde sagen trotzdem: Kein Problem, der Mann ist gut. Er soll bleiben.
Fakt ist: Wer abschreibt, ohne zu zitieren, macht sich strafbar. Das gilt nicht nur für Magister- oder Doktorarbeiten. Auch Medieninhalte, Liedtexte, Romane oder Filme dürfen nicht abgekupfert werden. Dennoch verdienen sich internationale Internetkonzerne mit der Übernahme von fremden Inhalten eine goldene Nase. Niemand tut etwas dagegen.
In Österreich wird einem Titel, vor allem, wenn es sich um einen akademischen handelt, mehr Wert als anderswo in Europa beigemessen. Der neu geschaffene Bachelor macht noch wenig her, wer aber Master, Magister oder gar Doktor auf seine Visitenkarte schreiben darf, hinterlässt Eindruck, und das zu Recht.
Es ist daher nicht gleichgültig, wie die Leute zu ihrem Titel gekommen sind. Leider gibt es auch Schwindler. Aber deshalb dürfen nicht alle Akademiker unter Generalverdacht gestellt werden. Auch nicht jene, die drauf und dran sind, politische Karriere zu machen. Kaum ist jemand im Gespräch für einen Posten in Stadt, Land oder Bund, wird vom politischen Gegner in seinem früheren Leben gestierlt wie in einem Mistkübel. Und zur Sicherheit werden die akademischen Thesenpapiere der Kandidaten einem Plagiats-Scan unterzogen. Man weiß ja nie.
In der Debatte über die erschwindelten Doktortitel redet kein Mensch über die zahlreichen Professorinnen und Professoren, die solche Mangel-Arbeiten anstandslos genehmigt haben. Das Bummerl bleibt beim Autor, der versagende Doktorvater bleibt ungeschoren. Die Ausrede, man habe seinerzeit nicht die notwendigen technischen Mittel gehabt, um eine abgeschriebene Arbeit auch als solche zu erkennen, ist billig. Ein guter Professor kennt die Literatur, die in Dissertationen verwendet wird. Auch ohne Software.