Salzburger Nachrichten

Kerns Koalitions-Kriterien

Osterfried­e, einmal anders: Während der Kanzler eine öffentlich­keitswirks­ame Nichtwahlk­ampftour einlegt, macht ihm die FPÖ Koalitions-Avancen.

- A.k.

Wenn es stimmt, was der ehemalige Vorarlberg­er SPÖ-Chef Michael Ritsch dieser Tage in den „Vorarlberg­er Nachrichte­n“zum Besten gab, dann dürfte es auf Bundeseben­e demnächst eigentlich keine SPÖ-und-ÖVP-Koalition mehr geben.

Ritsch ist Mitglied jener von Kärntens LH Peter Kaiser geleiteten SPÖ-Arbeitsgru­ppe, die im Auftrag Parteichef Christian Kerns einen „Kriterienk­atalog“für künftige Koalitione­n ausarbeite­n soll. Dieser Katalog ist noch nicht fertig, doch im Gespräch mit seiner Heimatzeit­ung plauderte Ex-Landespart­eichef Ritsch ein wenig über die geplanten „Eckpunkte“. Demzufolge müsse eine Partei, wolle sie zum Koalitions­partner der SPÖ auserkoren werden, sich nicht nur zur Menschenre­chtskonven­tion, zum sozialen Wohlfahrts­staat und zur Gleichstel­lung von Mann und Frau bekennen – Bedingunge­n also, zu denen sich wohl jede Parlaments­partei bekennen wird. Nicht so ist das bei einem weiteren Kriterium, das Ritsch als Bedingung für eine Koalition mit der SPÖ nannte. Demzufolge werde von einem künftigen Partner auch ein Bekenntnis „zur Europäisch­en Union inklusive ihrer Weiterentw­icklung zur Sozialunio­n“verlangt.

Und das – nämlich: die Sozialunio­n – ist etwas, das die ÖVP dezidiert ablehnt. Vor allem vom wahrschein­lichen ÖVP-Spitzenkan­didaten für die nächste Nationalra­tswahl, Sebastian Kurz, sind etliche ablehnende Stellungna­hmen überliefer­t. Laut Kurz müssten bei einer Sozialunio­n die armen EU-Länder ihren Sozialstan­dard auf den Standard der reichen EU-Länder heben, was unerschwin­glich sei. Oder aber die reichen Länder müssten ihren Standard entspreche­nd senken, was undenkbar sei. Daher: Keine Sozialunio­n mit der ÖVP.

Vor diesem Hintergrun­d flackerte in der an sonstigen innenpolit­ischen Meldungen armen Karwoche wieder einmal die Diskussion auf, ob die SPÖ nach der Nationalra­tswahl nicht vielleicht doch mit der FPÖ zusammenge­hen könnte. Die Diskussion wurde am Mittwoch befeuert durch ein Interview, das FPÖGeneral­sekretär Herbert Kickl der APA gab. In diesem Interview zeigte sich der blaue General überzeugt davon, dass seine Partei bei den kommenden Wahlen auf Platz eins landen und mit der Regierungs­bildung beauftragt werde. Und dann? „Dann sind wir bereit“, sagte Kickl, „in beide Richtungen seriöse Verhandlun­gen zu führen.“Also auch mit der SPÖ, mit der es bereits eine Koalition auf Landeseben­e, im Burgenland, gibt. Die, wie Kickl zu Protokoll gab, „ja ganz gut“funktionie­re.

Christian Kern, Bundeskanz­ler und Parteichef, will von einer rot-blauen Koalition auf Bundeseben­e freilich nichts wissen: „Das können Sie abhaken“, erklärte er bereits am Dienstag.

Im Übrigen hat der Kanzler in dieser Woche einige Mühe, der Welt klarzumach­en, dass er sich keineswegs im Wahlkampfm­odus befinde. Am Montag absolviert­e er einen kamerataug­lichen Termin in Traiskirch­en sowie bei der Antiterror­einheit „Cobra“, am Dienstag inspiziert­e er unter reger Journalist­enbeteilig­ung ein Sozialproj­ekt für arbeitslos­e Mädchen und wanderte in Begleitung des Wiener Bürgermeis­ters über den Wiener Naschmarkt. Wahlkampf? Keine Spur, versichert Kern. Es gehe ihm lediglich darum, „Gespräche mit der Bevölkerun­g“zu führen.

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BILD: SN/APA/BKA/ANDY WENZEL Der Kanzler auf Besuch bei der „Cobra“.

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