Eine frostige Begegnung in Moskau
Der erste Besuch des amerikanischen Außenministers in Moskau begann unfreundlich. Kremlchef Wladimir Putin bezeichnete die Giftgasangriffe als Inszenierung und Provokation.
Schon zu Beginn hing Stress in der Luft. „Wer hat Ihnen Manieren beigebracht?“, herrschte der russische Außenminister Sergej Lawrow amerikanische Journalisten an, die ihn vor seinem Treffen mit dem US-Amtskollegen Rex Tillerson mit Fragen bestürmt hatten.
Der Antrittsbesuch Tillersons in Moskau geriet zum Nervenspiel. Sein russischer Amtskollege eröffnete die Gespräche gleich mit einer Drohung. Attacken wie das USBombardement auf einen syrischen Militärflughafen vergangene Woche dürften sich nicht wiederholen, mahnte Lawrow.
Die Gespräche zwischen den Chefdiplomaten dauerten fünf Stunden, danach saßen beide über zwei Stunden im Kreml bei Präsident Wladimir Putin. Der hatte zuvor persönlich die Stimmung mit scharfen Worten gegen die USA verdüstert. „Man kann sagen, dass das Vertrauensniveau auf Arbeitsebene nicht besser geworden ist, sondern eher schlechter, vor allem auf militärischer Ebene“, sagte der Kremlchef dem Fernsehsender Mir.
Auch Tillerson erklärte nach seinem Treffen mit Putin, die amerikanisch-russischen Beziehungen seien derzeit auf einem Tiefpunkt angelangt. Dies müsse geändert werden. Die zwei wichtigsten Atommächte der Welt könnten nicht auf dieser Basis miteinander umgehen.
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lawrow sagte Tillerson später, man habe die Zeit nicht umsonst miteinander verbracht. „Wir verstehen einander jetzt besser.“Lawrow sprach von inhaltsvollen und offenen Gesprächen. Und beklagte die „Zeitbomben“, die die Obama-Administration hinterlassen habe, um die bilateralen Beziehungen langfristig zu verderben. Lawrow betonte schließlich das Gemeinsame: Die Entschlossenheit zum Kampf gegen internationalen Terrorismus, das Bestreben eine politische Lösung in Syrien zu erreichen. Konkret habe man beschlossen, das gerade erst gekündigte Memorandum zur Vermeidung von Konfliktsituationen im syrischen Luftraum zu erneuern.
Weiterhin widersprachen sich die Außenminister offen, was die Giftgasangriffe in Syrien anging: Tillerson versicherte, die USA hätten den Raketenschlag gegen Syrien auf der Grundlage überzeugender Beweise über die Schuld des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gestartet. Lawrow sprach von materiellen Beweisen dafür, dass die Rebellen wiederholt Giftgas eingesetzt hätten. Als Inszenierung und Provokation hatte zuvor Putin den Giftgaseinsatz mit mehr als 80 Toten in der syrischen Provinz Idlib vergangene Woche bezeichnet. Ähnliche Attacken, die Assad in die Schuhe geschoben werden sollten, würden auch in Vororten von Damaskus vorbereitet, meinte Putin. Beweise dafür blieb er schuldig.
Im Streit um die Rolle des syrischen Präsidenten Assad blieb die Kluft zwischen Moskau und Washington deutlich. „Unsere Sicht ist klar, dass die Herrschaft der AssadFamilie zu Ende geht“, betonte Tillerson. Russland als enger Verbündeter Syriens habe eine besondere Rolle darin, dies der Assad-Familie klarzumachen. Lawrow erteilte dem eine klare Absage. „Experimente solcher Art, die irgendeinen Diktator, totalitären oder autokratischen Führer stürzen wollen, kennen wir schon. An positive Beispiele, bei denen ein Diktator gestürzt wurde und alles wie am Schnürchen lief, kann ich mich nicht erinnern“, meinte der Außenminister.
Noch vor ein paar Monaten hätte Tillerson übrigens mit einem herzlichen Empfang in Moskau rechnen können. Der frühere Boss des USKonzerns ExxonMobil machte als Ölmanager seit 1998 in Russland Geschäfte, sein Verhältnis zu Igor Setschin, Chef des russischen Ölriesen Rosneft und Intimus Wladimir Putins, galt als vertraulich. Putin selbst ehrte Tillerson 2013 sogar mit dem „Orden der Freundschaft“. Als Donald Trump Tillerson zum Außenminister machte, jubelten viele Moskauer Beobachter. Das hat sich gelegt.
Einst war Tillerson Moskaus Darling