Konzerne horten Geld in Oasen
Entwicklungsorganisation kritisiert Volkssport bei legalen Schlupflöchern.
US-Unternehmen schleusen laut der britischen Entwicklungsorganisation Oxfam gigantische Geldbeträge am Fiskus vorbei. Nach der am Mittwoch veröffentlichten Studie haben die 50 größten US-Konzerne 2015 mithilfe eines Netzwerks von 1751 Tochterfirmen und Zweigniederlassungen zusammen rund 1,6 Billionen Dollar (1,5 Billionen Euro) in Steueroasen verschoben. Das entspricht laut Oxfam einem Anstieg um 200 Milliarden Dollar seit 2014 und in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Kanadas.
Oxfam betont, die Firmen handelten legal. Das Steuersystem ermögliche es Konzernen, sich um ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl zu drücken. Statt des gesetzlich vorgeschriebenen US-Steuersatzes von 35 Prozent hätten die untersuchten Firmen dank der Schlupflöcher im Schnitt nur 25,9 Prozent gezahlt. Andere Analysen kommen zu noch niedrigeren Werten.
Bei europäischen Banken war Oxfam kürzlich mit Fair Finance Guide International zu ähnlichen Ergebnissen gekommen: Mit etwa 25 Milliarden Euro fiel mehr als ein Viertel des Gewinns der untersuchten Banken in Steueroasen an. Dort erwirtschaften sie allerdings nur zwölf Prozent ihres Umsatzes und beschäftigen nur sieben Prozent ihres Personals. Als extremes Beispiel wurde die Deutsche Bank genannt. Sie wies für 2015 weltweit Verluste von 6,1 Milliarden Euro aus, will aber in der Steueroase Luxemburg mehr als 1,1 Mrd. Euro verdient haben. Oxfam-Steuerexperte Tobias Hauschild: „Bei internationalen Konzernen ist Steuervermeidung mittlerweile Volkssport.“Zwischen 2009 und 2015 hätten die untersuchten Unternehmen 2,5 Milliarden Dollar für Lobbyarbeit in Richtung der US-Regierung ausgegeben, davon seien 325 Millionen für Steuerfragen aufgewendet worden. Die von US-Präsident Donald Trump und den Republikanern geplante Steuerreform dürfte das System laut Oxfam eher noch ungerechter machen. Die Organisation fordert Unternehmen weltweit zu mehr Steuertransparenz auf sowie Sanktionen gegen Steueroasen, um den „ruinösen Wettlauf um Niedrigsteuergesetze“aufzuhalten.
Für die Analyse hat Oxfam mit Wirtschaftsforschern vom Institute for Taxation and Economic Policy Steuererklärungen und andere öffentlich zugängliche Berichte der Konzerne ausgewertet. Als „Steueroasen“definiert die Studie sogenannte Offshore-Finanzzentren, die mit niedrigen oder gar keinen Steuern locken und durch mangelnde Kooperation im internationalen Bemühen gegen Steuervermeidung auffallen.