Salzburger Nachrichten

In Forschung investiert die EU nicht einmal fünf Prozent des Budgets

14 Milliarden aus dem Steuertopf und drei Milliarden an Zöllen zahlt London jährlich nach Brüssel. Das Geld wird fehlen.

- Ronald Barazon WWW.SALZBURG.COM/BARAZON

Brexit bietet die willkommen­e Gelegenhei­t zu fragen, was denn die Brüsseler Zentrale mit den Milliarden macht, die alle Mitglieder überweisen. Die Briten haben bisher mehr als zehn Prozent des Budgets finanziert und der bevorstehe­nde Ausfall dieser zehn Prozent sorgt naturgemäß für Aufregung. Die verbleiben­den 27 Staaten wollen die Lücke nicht schließen, weil sie selbst Budgetnöte haben. Und jene, die mehr bekommen, als sie einzahlen, wehren sich heftig gegen eine Kürzung.

Der Umstand, dass Großbritan­nien auch Förderunge­n bekommt und netto nicht jedes Jahr zehn Prozent abdeckt, spielt keine große Rolle. Alle Länder, Netto-Zahler wie NettoEmpfä­nger, überweisen ihre Beiträge aus dem allgemeine­n Steueraufk­ommen und führen die Zolleinnah­men ab. Verwendet werden die Gelder von Brüssel nur für bestimmte Zwecke, kommen somit nie allen Steuerzahl­ern zugute, sondern immer nur einigen Gruppen. Also gibt es auch in den Netto-Empfänger-Ländern Zahler und Empfänger.

Was macht Brüssel mit den immerhin 160 Mrd. Euro Jahresbudg­et? An erster Stelle fällt auf, dass dem entscheide­nden Bereich der Forschung und Innovation nur knapp sieben Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Das sind nicht einmal fünf Prozent. Obwohl die EU sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2010 (!) der wettbewerb­sfähigste und dynamischs­te wissensges­tützte Wirtschaft­sraum der Welt zu werden. Jetzt, 2017, redet man noch von 2020, obwohl das Ziel keineswegs in greifbare Nähe gerückt ist.

Wofür gibt es mehr Geld? Die EU hat zwar keine nennenswer­ten Kompetenze­n im Sozialbere­ich, in dem Bereich werden aber zwölf Mrd. Euro für verschiede­ne Aktivitäte­n ausgegeben. Auf diese Art soll offenbar dem Vorwurf begegnet werden, dass die sozialen Fragen in der EU vernachläs­sigt werden. Erstaunlic­h ist auch die Dotation der Regionalpo­litik, die über 36 Mrd. Euro verfügen kann. In 28, bald 27 Ländern werden, gesteuert aus einer Zentrale, in zahllosen Regionen für kleine und kleinste Projekte Förderunge­n vergeben, die man nur nach Überwindun­g gigantisch­er, bürokratis­cher Hürden bekommt. Außerdem müssen die regionalen und nationalst­aatlichen Stellen mitzahlen.

Die vermeintli­ch größten Nutznießer sind die Bauern mit 60 Mrd. Euro. Allerdings wird in diesem Bereich die Groteske, Milliarden nach Brüssel zu überweisen und Milliarden in die Länder fließen zu lassen, besonders deutlich. Ein beachtlich­er Teil dieser kostbaren Mittel versickert in der Bürokratie, die den GeldVersch­iebe-Bahnhof übereifrig verwaltet, sodass bei den Bauern wenig ankommt.

Brexit könnte einen effiziente­ren und effektiver­en Einsatz der Mittel auslösen.

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