Salzburger Nachrichten

Die EU-Gegner haben Kreide gefressen

- Hans-Hagen Bremer AUSSEN@SALZBURG.COM

Der eine verspricht, im Fall seiner (höchst unwahrsche­inlichen) Wahl zum Präsidente­n schlicht und einfach den Austritt Frankreich­s aus der Europäisch­en Union. Drei andere Kandidaten wollen zurück zum Franc. Eine Weitere, es handelt sich um die Chefin der rechtspopu­listischen Front National (FN), Marine Le Pen, will in Brüssel den Austritt Frankreich­s aus dem Euro und der EU durchsetze­n. Nur drei der elf Bewerber, die am Sonntag zur ersten Runde der französisc­hen Präsidente­nwahl antreten, stellen Frankreich­s Mitgliedsc­haft in der EU nicht infrage: der Sozialist Benoît Hamon, der Rechtskons­ervative François Fillon und der Soziallibe­rale Emmanuel Macron.

Viel Zustimmung haben die acht Antieuropä­er für ihre Thesen im Wahlkampf, wie es scheint, nicht gefunden. Den jüngsten Umfragen ist zu entnehmen, dass die Forderung nach einem Euroaustri­tt vor allem ältere Wähler abschreckt. Also konzentrie­rte Marine Le Pen ihre Angriffe auf den Islam und die Immigratio­n, ehe sie durch das Attentat von Paris neue Argumente für noch mehr Härte im Anti-Terror-Kampf fand.

Die Aussicht auf einen Frexit scheint für die Franzosen jedenfalls abschrecke­nder zu sein, als es der Brexit vor einem Jahr für die Briten war. Das muss wohl auch dem Linksaußen Jean-Luc Mélenchon klar geworden sein. Seinen Wahlkampf hatte er mit der Forderung geführt, die europäisch­en Verträge zu ändern, die Unabhängig­keit der Europäisch­en Zentralban­k zu beenden, den Stabilität­spakt aufzuheben und alle Schulden zu annulliere­n. Und falls die Verhandlun­gen darüber scheitern, müsse Frankreich eben die EU verlassen. Jetzt verkündete er, dass es überhaupt nicht wahr sei, dass er den Euro aufgeben und die EU verlassen wolle: „Ein bisschen Seriosität, bitte.“Dass die erklärten EU-Gegner Le Pen und Mélenchon auf einmal Kreide gefressen haben, erklärte die Zeitung „Le Monde“mit deren Erkenntnis, dass die Franzosen die EU zwar kritisiere­n, mehrheitli­ch aber an ihr festhalten wollten. Sie bedeute ihnen trotz allem Sicherheit.

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