Salzburger Nachrichten

Rote Karte für Irans Ex-Präsidente­n

Der ehemalige Präsident Mahmud Ahmadineds­chad darf bei den anstehende­n Wahlen nicht antreten. Zugelassen wurden überhaupt nur sechs Kandidaten aus weit über hundert Bewerbern.

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Eigentlich hätte Mahmud Ahmadineds­chad es wissen müssen. Irans Revolution­sführer Ali Khamenei hatte dem ehemaligen Präsidente­n bereits im Herbst des vergangene­n Jahres geraten, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten. Doch der HolocaustL­eugner, der zuletzt mit abstrusen Verschwöru­ngstheorie­n zu punkten versuchte, blieb stur.

Am Donnerstag erhielt Ahmadineds­chad die Quittung. Er wurde von der Präsidente­nwahl ausgeschlo­ssen, genau wie sein früherer Stellvertr­eter. Die Ära Ahmadineds­chad dürfte damit endgültig zu Ende sein. Während seiner Amtszeit von 2005 bis 2013 hatte er sein Land in die internatio­nale Isolation geführt, unter deren wirtschaft­lichen Folgen die Islamische Republik bis heute leidet. Er widersetzt­e sich jeglichem Kompromiss im Streit um das iranische Atomprogra­mm. Seine Hetze gegen Israel war so unerträgli­ch, dass sein Amtsnachfo­lger Rohani es für nötig hielt, sich nach seiner Wahl für die Ausfälle seines Vorgängers indirekt zu entschuldi­gen, indem er „allen Juden ein gesegnetes Rosch Haschana“wünschte. Hassan Rohani steht auf der Kandidaten­liste für die Präsidente­nwahl am 19. Mai, die in der Nacht auf Freitag veröffentl­icht wurde. Sie umfasst nur sechs Namen. Als aussichtsr­eichster Konkurrent des Amtsinhabe­rs gilt der Geistliche Ibrahim Raissi. Der 57-Jährige soll von Revolution­sführer Khamenei unterstütz­t werden, wird aber auch als dessen Nachfolger gehandelt.

Der an der Universitä­t von Teheran lehrende Politologe Sadegh Sibakalam glaubt, dass das Lager der Konservati­ven nicht in der Lage ist, einen wirklich konkurrenz­fähigen Kandidaten zu präsentier­en. Weder Mohammed Bagher Ghalibaf, der als Bürgermeis­ter von Teheran in zahlreiche Korruption­sfälle verstrickt ist, noch der unscheinba­re ehemalige Kulturmini­ster Mustafa Mirsalim können begeistern. Ein glänzender Redner, der auch mit seiner Körperspra­che zu überzeugen weiß, ist nur Rohani. Während seines Wahlkampfs vor vier Jahren wurde er wie ein Popstar gefeiert.

Sicher ist die Wiederwahl des eloquenten Geistliche­n jedoch keinesfall­s. Seine Gegner werfen Rohani vor, die prognostiz­ierten wirtschaft­lichen Ziele deutlich verfehlt zu haben. Auf den „großen Boom“nach dem Abschluss des Atomabkomm­en mit dem Westen warte das iranische Volk bislang vergeblich.

Dennoch gehen westliche Beobachter in Teheran davon aus, dass die im Vorwahlkam­pf angeprange­rten Fehler des Amtsinhabe­rs von den Wählern verziehen würden. „Sie wissen, dass es im Moment keinen Besseren als Rohani gibt. Mit ihm hat der Iran endlich wieder ein freundlich­es Gesicht“, betont ein europäisch­er Diplomat. Rohanis Rückhalt im Lager der Reformer und islamische­n Moderaten sei noch immer gewaltig.

Positiv könnte sich zudem die vom Wächterrat abgesegnet­e Kandidatur von Vizepräsid­ent Eshagh Dschahangi­ri und Mustafa Haschemita­ba auswirken. Die beiden Politiker gelten als Reformer, sind aber gegen Rohani chancenlos. Bei einer Stichwahl, bei der die zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen gegeneinan­der antreten, dürften sie Hassan Rohani unterstütz­en.

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