„Ich verweigere seine Tweets“
US-Außenpolitikexperte Eric Langenbacher spricht in Salzburg über den „Twitterer in Chief“.
Eric Langenbacher wird nicht am „March of Science“in Washington DC teilnehmen. Der Außenpolitikexperte der dort ansässigen Georgetown University weilt in Salzburg. SN: Wie aufgeheizt ist die Stimmung in den USA? Eric Langenbacher: Die Proteste flauen nicht ab. Erst letztes Wochenende, am Tax Day, gab es Demonstranten, die gefordert haben, dass Trump seine Steuererklärungen der letzten Jahre endlich offenlegen soll. Dieses Wochenende gehen die Forscher beim „March of Science“auf die Straße. Was interessant ist: Trumps Kernwähler halten ihm die Stange, obwohl er seine Wahlversprechen nicht umsetzt. Es gab in letzter Zeit so viele Journalisten, die in Trumps Hochburgen gefahren sind, nach Oklahoma etwa oder nach Ohio. Sie haben zu den Leuten gesagt: „Trumps Beschlüsse werden negative Auswirkungen auf eure Gemeinden haben.“Und trotzdem: Sie unterstützen ihn. Die USA sind heute ein gespaltenes Land. Zumindest das ist sicher. SN: Hat Trumps Order zum Angriff in Syrien Ihre Meinung über ihn geändert? Erkennen Sie jetzt eine Strategie? Ich sehe keine Strategie. Gut, wenn die Strategie ist, zu zeigen, dass wir doch Rückgrat haben und Übertritte über rote Linien, wie sie Obama genannt hat, nicht tolerieren – dann ist das vielleicht eine Strategie. Der Angriff war aber nicht Teil eines großen Plans. Es war mehr eine Reaktion auf das, was Trump im Fernsehen gesehen hat. SN: War der Angriff Ihrer Ansicht nach richtig oder falsch? Da bin ich sehr gespalten. Ich glaube, Barack Obama hat einen Fehler gemacht, als Baschar al-Assad vor ein paar Jahren Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt hat und Obama in Konsequenz nichts getan hat. Um ehrlich zu sein: Ein Teil von mir dachte über Trumps Angriff: Gut! Endlich tut einer was. Andererseits hatte er keine Autorisierung vom US-Kongress, kein Mandat der UNO. Von allen Entscheidungen, die Trump bis jetzt getroffen hat, könnte man vielleicht sagen, dass diese nicht die schlechteste war. SN: Frankreich wählt dieses Wochenende einen neuen Präsidenten – oder Marine Le Pen. Gibt es eine Art TrumpEffekt auf Wahlen in Europa? Ja, ich denke, den gibt es. Aber er fällt anders aus, als viele vermuten. Die Wahl von Trump macht viele Leute glauben: „Hey, es ist okay. Amerika fällt nicht auseinander. Also könnten wir es auch mit einem Rechtspopulisten versuchen.“Es ist ein Demonstrationseffekt, der auf manche Menschen wirkt. SN: Wer oder was ist Europa für Donald Trump? Es ist sicher nicht die EU. Er bevorzugt ein Europa der Nationalstaaten. Ich denke, dass Europa für Donald Trump eine Möglichkeit ist, zu investieren und Geld zu verdienen. Und: Es bedeutet Golfplätze in Irland! Ich glaube, so sieht er Europa. So hat er es zumindest gesehen. Das könnte sich nächste Woche ändern. Oder morgen. Wir merken es, wenn er um 2 Uhr nachts twittert. SN: Lesen Sie seine Tweets? Nein, das verweigere ich. Würde ich jeden Tweet lesen, bekäme ich zu wenig Schlaf und wäre jedes Mal einem Herzinfarkt nahe. Eric Langenbacher