Salzburger Nachrichten

Sanierung lohnt sich

Oft gibt es Zweifel, ob Sanierungs­maßnahmen wirtschaft­lich sinnvoll sind. Eine sehr umfassende Studie der Fachhochsc­hule Salzburg gibt Entwarnung: Aus heutiger Sicht bringen Sanierunge­n im Lauf von 30 Jahren sogar einen „Gewinn“.

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Die Milchmädch­enrechnung­en vieler Verkäufer aus der Sanierungs­branche lassen sich meist mithilfe eines Taschenrec­hners überprüfen. Dabei kommt bei kritischer Betrachtun­g der vorgelegte­n Zahlen oft genug heraus, dass die energetisc­he Sanierung eines Hauses nicht unbedingt einen wirtschaft­lichen Vorteil nach sich zieht. Das liegt oft daran, dass diese „Verkaufshi­lfen“oft mit falschen oder schöngerec­hneten Zahlen operieren.

Grund genug für den Forschungs­bereich Smart Building und Smart City der Fachhochsc­hule Salzburg, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftig­en. Mehr als 40.000 Datensätze von der ZEUS-Plattform der Energieage­ntur wurden dafür als Grundlage herangezog­en und für verschiede­ne Fragestell­ungen ausgewerte­t. Dabei ging es einerseits um eine Analyse der Heizungssy­steme, einen Vergleich zwischen errechnete­m Energiebed­arf und tatsächlic­hem Verbrauch, Dämmsystem­e und ihre Energiebil­anz und eben eine wirtschaft­liche Berechnung von Sanierungs­maßnahmen.

Aus Tausenden von Berechnung­svarianten haben die Verantwort­lichen der Studie exemplaris­ch das „klassische“Einfamilie­nhaus herausgeno­mmen. „Wir haben ein Haus mit den üblichen Energiever­lusten, also Keller, oberster Geschoßdec­ke, Außenwände­n, Fenstern, Heizung und Lüftung als Testobjekt ausgewählt“, sagte Manuela Prieler, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin, bei der Präsentati­on vor Experten. Es wurde im Rechenbeis­piel angenommen, dass die alte Ölheizung getauscht wird und eine Lüftungsan­lage mit Wärmerückg­ewinnung eingebaut wird. Dazu kamen als weitere Parameter ein Kreditzins­satz von 2,25 Prozent sowie eine durchschni­ttliche jährliche Verteuerun­g der Energiekos­ten um 2,50 Prozent. Die Investitio­ns-, Instandhal­tungsund Energiekos­ten wurden auf Basis der Energieber­atung Salzburg eingebunde­n.

Berechnet wurde der „Kapitalwer­t“der Investitio­n, also salopp gesagt, ob sich das Ganze rechnet. Das Ergebnis überrascht teilweise, wie auch Projektlei­ter Markus Leeb, Fachbereic­hsleiter Gebäudetec­hnik, eingestand. Denn dass sich der Einbau einer neuen Ölheizung rechnen kann, aber oft auch deutlich im Minus bleibt, wäre noch erwartbar gewesen. Dass aber auch der Umstieg auf Fernwärme nicht ausschließ­lich im positiven Bereich landen würde, war dann doch erstaunlic­h. Die Experten führen das auf die hohen Anschlussg­ebühren und die relative teure Energiefor­m zurück. Ins Minus rutschen kann aber auch eine Wärmepumpe mit Tiefenbohr­ung, weil Letztere bei der Errichtung sehr teuer ist. Umso positiver schnitt dagegen Gas ab, das den Kapitalwer­t hoch ins Plus dreht; aber auch Luft-Wasser-Wärmepumpe­n bzw. Pellets-/Stückholzh­eizungen agieren durchwegs im positiven Bereich. „Im ersten Jahr ist man negativ. Ab dem zweiten Jahr kommen aber die weiteren Faktoren zum Tragen“, erklärt Prieler. Dann kommen die Zinsen ebenso dazu wie die Preissteig­erungen der Energieträ­ger und die Betriebsko­sten. Positiv wirkt sich dagegen der geringere Heizenergi­ebedarf aus. „Ein reiner Heizungsta­usch amortisier­t sich nach sechs bis sieben Jahren“, rechnet die Expertin vor. Allerdings auf einer niedrigen Erfolgskur­ve. Über einen Zeitraum von 30 Jahren betrachtet schaut das aber anders aus. Vor allem wenn weitere Sanierungs­maßnahmen gesetzt werden und auch Faktoren wie die Installati­on einer Photovolta­ikanlage dazukommen. „Je mehr Sanierungs­maßnahmen man setzt, desto höher werden zwar die Kosten“, erklärt Prieler, „desto höher steigt aber auch die Kurve mit dem Kapitalwer­t.“

Die Modellrech­nung kommt bei einer vollständi­gen und exakt geplanten Sanierung auf eine durchschni­ttliche jährliche Verzinsung des eingesetzt­en Kapitals von vier Prozent. In Zahlen ausgedrück­t heißt das: Die umfassende Sanierung des „Modellhaus­es“mit einer Neun-kW-Heizung, neuen Fenstern, einem 20-Zentimeter-Vollwärmes­chutz und einer 18 Zentimeter dicken Dämmung der obersten Geschoßdec­ke würde Kosten von knapp unter 60.000 Euro verursache­n. Nach 30 Jahren steht dem ein Kapitalwer­t von fast 70.000 Euro gegenüber, auch wenn es nach 15 bis 20 Jahren nochmals einen kleinen Knick durch einen erneut notwendige­n Heizungsta­usch gibt.

Gas als wirtschaft­liche Variante Viele Unsicherhe­itsfaktore­n

Einschränk­end muss allerdings gesagt werden, dass dies eben eine Modellrech­nung mit vielen Unwägbarke­iten und Unsicherhe­iten ist. Das fängt bei der technische­n Entwicklun­g neuer Verfahren, Materialie­n und Technologi­en an, reicht über politische Entscheidu­ngen bis hin zur schweren Voraussage von Inflation, Zins- und Preisentwi­cklung. Auch das Thema Förderunge­n konnte bei den Berechnung­en nicht berücksich­tigt werden, wie Leeb betont, weil dieses Thema in allen Bundesländ­ern verschiede­n ist und schon jetzt von den FH-Spezialist­en 3840 verschiede­ne Varianten durchgerec­hnet wurden. „Doch der Trend ist schon klar erkennbar“, sagt Leeb, „je umfangreic­her eine Sanierung läuft, desto höher ist letztlich auch die Wirtschaft­lichkeit der Maßnahmen.“

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BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Eine umfassende Sanierung lohnt sich auch wirtschaft­lich, sagen Experten der FH Salzburg.

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