Salzburger Nachrichten

Zwei weltpoliti­sche Rivalen gegen einen Störenfrie­d

Wenn China regionale Ordnungsma­cht im Pazifik sein will, muss es mit den USA den Atomzündle­r Nordkorea bremsen.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Mit ganz anderen Tönen als bisher reagiert Chinas Führung auf die Provokatio­ns-Politik des nordkorean­ischen Despoten Kim Jong Un. Von unverbrüch­licher Treue zum kommunisti­schen Nachbarsta­at ist längst keine Rede mehr. Stattdesse­n kritisiert Peking schroff Nordkoreas atomare Aufrüstung, die den Konflikt des Landes mit den USA eskaliert und die Fernostreg­ion zu destabilis­ieren droht. Wegen dieser Aussichten entsteht jetzt die Möglichkei­t, dass die USA und China – sonst die großen geopolitis­chen Rivalen – enger kooperiere­n könnten.

Der verschärft­e Kurs der neuen US-Regierung gegenüber Pjöngjang soll nicht nur Nordkoreas Machthaber von weiteren Atom- und Raketentes­ts abschrecke­n. Er soll vor allem Peking drängen, seinen Druck auf das von ihm wirtschaft­lich abhängige Nordkorea zu verstärken, etwa mit einer massiven Beschränku­ng der Ölzufuhr. Kims Regime sei nur wegen der Unterstütz­ung Chinas in der Position von heute, heißt es vorwurfsvo­ll in Washington. Sogar atomar bestückte Langstreck­enraketen könnten in absehbarer Zeit in den Händen dieses Regimes sein.

Die Idee, dass sich die Rivalen USA und China gegen den Störenfrie­d Nordkorea verbünden, stand ursprüngli­ch nicht im politische­n Drehbuch des Donald Trump. Der Republikan­er wollte zwar Verschiebu­ngen im globalen Dreieck, nämlich eine Annäherung an Russland und eine betonte Gegnerscha­ft zu China. Tatsächlic­h aber sind Moskau und Washington wegen Syrien und der Ukraine weiterhin über Kreuz. Hingegen hat Präsident Trump den angekündig­ten Konflikt mit Peking vorerst abgeblasen und Chinas Führung für eine weniger wohlwollen­de Haltung gegenüber Nordkorea sogar Konzession­en im Handelsstr­eit in Aussicht gestellt.

Ein Krieg auf der koreanisch­en Halbinsel kann nur zu einer Katastroph­e werden. Nordkorea verfügt bereits über atomare Sprengköpf­e. Deshalb gibt es in diesem Fall keine militärisc­he Option – anders, als die Regierung Trump suggeriert. Umso wichtiger wäre ein Zusammensp­iel zwischen den USA und China.

Doch trotz aller Frustratio­n über Nordkoreas Atompoker hat Peking bisher darauf verzichtet, gegenüber Pjöngjang die Daumenschr­auben anzuziehen. China wünscht Nordkorea als Pufferzone gegenüber dem Einfluss der USA, die Zehntausen­de Soldaten in Südkorea stationier­t haben. Das Raketenabw­ehrsystem, das die USA jetzt in Südkorea aktivieren wollen, kann aber mit seinem Radar über Nordkorea hinaus auch weit nach China hineinspäh­en.

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