„Offenes Russland“in Moskau nicht erwünscht
Die russischen Behörden verstärken ihren Druck gegen eine neue Protestbewegung.
MOSKAU. Das russische Justizministerium setzt die Organisation „Offenes Russland“auf die Liste „nicht erwünschter Organisationen“. Damit bestätigt es eine Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft vom Mittwoch, die der Vereinigung mit Sitz in Großbritannien vorwirft, sie wolle in Russland stattfindende Wahlen diskreditieren und die innenpolitische Lage destabilisieren. Auf die Liste sollen außerdem die ebenfalls in Großbritannien registrierte „Gesellschaftliche Netzbewegung Offenes Russland“und das „Institut für das moderne Russland“mit Sitz in den USA kommen.
Die Protestbewegung „Offenes Russland“wurde 2014 vom russischen Exil-Oppositionellen Michail Chodorkowski gegründet. Laut ihm soll die Bewegung Einfluss auf die Staatsmacht nehmen, damit diese die Interessen der europäisch orientierten Bürger Russlands berücksichtigt. Der in London lebende Multimillionär kommentierte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft gegen seine Organisationen schon am Mittwoch per Twitter: Er sei stolz, auf der Sanktionsliste gelandet zu sein. „Wir haben sie mit dem 29. 04. 17 an ihrem empfindlichen Punkt erwischt.“
Am Samstag, dem 29. April, plant „Offenes Russland“in Moskau und vielen anderen Städten Protestkundgebungen gegen Präsident Wladimir Putin. Motto: „Die Nase voll von ihm.“Laut Chodorkowski ist der in Russland aktive Teil der Bürgerbewegung vom Beschluss der Behörden aber nicht betroffen. Diese Ansicht vertreten auch Alexander Solowjow, der Vorsitzende von „Offenes Russland“in Russland, sowie mehrere Aktivisten.
Die Bewegung agiere in Russland als gesellschaftliche Organisation, die gar nicht als juristische Person registriert sei, sagt Solowjow. „Es ist kein Zufall, dass die Beamten der Staatsanwaltschaft die Namen anderer Organisationen nennen, die im Ausland angemeldet sind, die nichts mit unserer Organisation verbindet“, sagt der Jurist Juri Sidorow, der „Offenes Russland“rechtlich unterstützt. Als „nicht erwünscht“könnten nur ausländische Organisationen eingestuft werden. „Das Ganze soll eine Drohung gegen alle Leute sein, die bei den Kundgebungen gegen Putin am Samstag teilnehmen wollen.“
Nach Ansicht des Oppositionspolitikers Sergej Dawidis handelt es sich um ein Signal an Bürger und Beamte, dass „Offenes Russland“als feindselig zu betrachten sei. „Das gilt auch für die russische Bewegung, die zur selben Marke gehört.“Russen, die mit „nicht erwünschten“Organisationen zusammenarbeiten, drohen Ordnungsstrafen und im Wiederholungsfall sogar Gefängnisstrafen im Ausmaß von bis zu zwei Jahren.
Laut dem kremlnahen Internetportal life.ru hat Chodorkowski allein im Jahr 2015 verschiedene Oppositionsgruppen, darunter auch den Blogger Alexei Nawalny, über eine Prager Firma mit umgerechnet über 600.000 Euro unterstützt. Das beeindruckt aber nicht alle Beobachter. „Chodorkowski ist eine kleine Nummer ohne ernsthaften Einfluss in Russland“, sagt der Politologe Michail Winogradow. Auch „Offenes Russland“sei unbedeutend. „Nun aber erhöhen die Behörden selbst den Status der Gruppe.“
„Es ist eine Drohung gegen Leute, die an Protesten teilnehmen wollen.“Juri Sidorow, Jurist