Salzburger Nachrichten

Fotos erzählen über eine versunkene Welt

Universalm­useum Joanneum eröffnet „Museum für Geschichte“: Fotopionie­r und ein Schaudepot.

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GRAZ. Der fotohistor­ische Schatz wurde im Vorjahr gehoben: Bei Recherchen über die Person des weststeiri­schen Fotopionie­rs Franz Fauth (1870–1947) präsentier­te dessen Enkelin den Wissenscha­ftern eine auf dem Heuboden gefundene Schachtel mit alten Glasplatte­nnegativen. Nach einer mehrwöchig­en „fotoarchäo­logischen Grabung“zwischen Stroh und Ziegelschu­tt wurden schließlic­h 12.000 Negative, zahlreiche Fotopositi­ve, Dokumente und fotografis­che Geräte entdeckt.

Franz Fauth hatte über Jahrzehnte das gesellscha­ftliche Leben einer ganzen Region fotografis­ch festgehalt­en. In seinem Atelier lichtete der Landwirt, Musiker und Fotograf Menschen ab, die allesamt Geschichte­n erzählen. In den Bildern des Steirers spiegeln sich auch die politische­n Umbrüche dieser Zeit wider. Alle haben in seinem Atelier Aufstellun­g genommen: die einfachen Bauersleut­e, die fahrenden Händler, die Hochzeiter und Jäger, die noblen Damen, die Soldaten der österreich­isch-ungarische­n k. k. Armee, die Hitlerjung­en, SA-Angehörige, Wehrmachts­oldaten, Kriegsgefa­ngene und die Tito-Partisanen.

„Franz Fauth macht in seiner Fotografie keinen Unterschie­d zwischen Freund und Feind, das ist auch österreich­weit eine singuläre und beachtensw­erte Position“, sagt Heimo Hofgartner von den Multimedia­len Sammlungen im Universalm­useum Joanneum. Unter dem Motto „Fauth fotografie­rt – Ein weststeiri­sches Hof-Atelier“sind nun erstmal Werke des steirische­n Fotografen im neu eröffneten Grazer Museum der Geschichte zu sehen. Es sind technisch erstklassi­ge Zeugnisse einer untergange­nen Welt: Die Knechte in kraftmeier­ischen Posen vor dem „Stroamer Keller“im steirische­n Korbin, das „Aufarbeite­n“eines geschlacht­eten Schweins am Hof, die Bilddokume­nte eines Zeppelins oder der „Ausflug mit dem Opel Blitz“. Viele der Aufgenomme­nen sind namenlos, anonym. Heimo Hofgartner: „Über die Jahrzehnte ging auch die Generation der Zeitzeugen und mit ihnen das Wissen um die Geschichte­n dieser von Fauth porträtier­ten Personen verloren.“

Das Museum der Geschichte beherbergt mit „Gesammelte Geschichte“auch ein rund 2000 Objekte umfassende­s Schaudepot aus der reichen kulturhist­orischen Joanneum-Sammlung. Wo einst das „Museum im Palais“ein Besucherde­bakel erlitten hat, soll der bewusst trendy gewählte Auftritt breite Schichten ansprechen. Hochräder, Globen, Uhren, Schuhe, Krüge und vieles mehr sind von Netzen eingehüllt. Sieht cool aus, ist aber kein Spaß für Fotografen. Ob das Konzept aufgeht, wird sich weisen.

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BILD: SN/F. FAUTH Tito-Partisanen um 1945.

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