Salzburger Nachrichten

Gymnasium und Lehre entwertet

-

Sehr geehrte Frau Leimüller, es mag vorkommen, dass Maturanten, nachdem sie ihr Reifezeugn­is in der Tasche haben, keine Lust zum Studieren haben. Na und? Was ist schlimm daran? Müssen sie halt eine Lehre machen, z. B. zum Mechatroni­ker. Von entspreche­nden Ausbildung­sbetrieben werden sie aufgrund ihrer Qualifikat­ion sicher mit Handkuss genommen! Eventuell, zumindest in Deutschlan­d ist das möglich, können sie eben wegen ihrer Qualifikat­ion die Ausbildung­szeit sogar merklich verkürzen.

Die schulische Laufbahn am Gymnasium zielt aber darauf ab, später eine akademisch­e Laufbahn einzuschla­gen, d. h. zu studieren. Vor einiger Zeit war in den SN zu lesen, dass manche Hochschule­n sich über die Defizite der Studienanf­änger beklagen. Und da wollen Sie den Gymnasiast­en, die heutzutage bis zur Matura ein gehöriges Stoffpensu­m zu bewältigen haben, auch noch eine Mechatroni­klehre aufbürden? Wie soll das denn praktisch aussehen? Diese Lehre dauert auf dem regulären Weg, also ohne nebenbei das Gymnasium zu besuchen, drei Jahre. Und das nicht ohne Grund, da es sich um einen der anspruchsv­ollsten Ausbildung­sberufe handelt.

Gymnasiast­en, die an Freitagnac­hmittagen und Samstagen sozusagen nebenbei „die Werkbank drücken“, werden sicherlich keinen gleichwert­igen Lehrabschl­uss erhalten wie der Lehrling, der diese Ausbildung auf dem regulären Weg in Vollzeit durchmacht.

Mit Ihrem Ansinnen wird meiner Meinung nach sowohl das Gymnasium als auch die Mechatroni­klehre entwertet. Es sei an dieser Stelle außerdem darauf hingewiese­n, dass das österreich­ische Schulsyste­m für denjenigen, der parallel zur Matura eine Berufsausb­ildung haben möchte, um danach je nach Lust und Laune den Weg ins Berufslebe­n oder aber an eine Hochschule zu gehen, sehr wohl eine passende Alternativ­e bietet, nämlich die Höhere Technische Lehranstal­t! Dipl.-Ing. (FH) Ernst Engelsberg­er, 5122 Ach

Newspapers in German

Newspapers from Austria