„Die Lust, Geld zu vernichten“
Wie ein trickreicher Butler seinem sprunghaften Herrn Allmen, einem Romanhelden von Martin Suter, aus der Bredouille hilft. Das und mehr verrät Samuel Finzi im Interview mit den SN.
Entwendete Kunstgegenstände wiederzubeschaffen, indem man sie zurückstiehlt, das ist das Geschäftsmodell des feingeistigen, aber verschuldeten Lebenskünstlers Allmen (Heino Ferch) und seines Butlers Carlos (Samuel Finzi). Dieser muss immer wieder Eskapaden seines Herrn ausbügeln. Die SN erreichten Samuel Finzi im Urlaub an einem Strand in Südfrankreich.
SN: Sie haben als Diener Carlos neben dem von Heino Ferch verkörperten Allmen eher die zweite Stelle. Was war an der Rolle trotzdem reizvoll?
Samuel Finzi: Wir sind gleichberechtigt. Der eine funktioniert nicht ohne den anderen. Außerdem wähle ich meine Rollen nicht nach der Quantität der Repliken, sondern nach der Qualität des Charakters. Ich spiele gern solche subtilen Charaktere, geheimnisvollen Figuren. Mir gefällt so etwas. Und in dieser Konstellation kann der eine nicht ohne den anderen sein.
SN: An welche Konstellationen der Film- oder Theatergeschichte erinnert Sie die Figuration der beiden „Allmen“-Filme?
Etwa an die Figur des Dieners Ossip in Gogols Komödie „Der Revisor“, bei Shakespeare die beiden Studenten in „Hamlet“– oder an Volpone und seinen trickreichen Diener Mosca.
SN: Darüber hinaus ist Allmens Butler ein völlig anderer Charakter als sein Herr.
Die beiden stammen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen. Carlos ist ein Guatemalteke. Aber ist er Südamerikaner oder ist er ein Europäer, der nach Südamerika gegangen ist, weil er hier etwas angestellt hat? Eines ist klar: Dieser Mann ist auf der Flucht gewesen. Er hat sich lang in einer Grauzone bewegt, bis sich Allmen um ihn gekümmert hat. An dieser Figur, diesen Hintergründen könnte man in späteren Folgen arbeiten.
SN: Und Allmen?
Allmen wiederum ist ein Neureicher, dessen Vater ein Adeliger sein wollte. Der Sohn hat guten Geschmack und Lust zu leben – und so eine Lust, Geld zu vernichten.
SN: Es gibt noch zwei weitere Romane, die man verfilmen könnte. Hat man diese Adaptionen schon fixiert und ist es denkbar, dass Autor Suter – wie einst Mankell für seinen Wallander – spezielle „Allmen“-Geschichten für das Fernsehen schreibt?
Es wird darüber gesprochen, die anderen beiden Bücher zu verfilmen. Die Frage ist wie immer beim Fernsehen: Stimmt die Quote oder stimmt sie nicht? Ich hoffe, dass wir zumindest noch zwei Filme machen. SN: Heino Ferch geht in seiner lockeren Titelrolle ganz auf. Wie war die Zusammenarbeit? Das war auch ein Glücksfall. Wir hatten ein Jahr zuvor zum ersten Mal zusammen gespielt, im Kinofilm „Fritz Lang“– konzentriert und ohne viel zu quatschen. Es war wohl Heinos Idee, mich wegen „Allmen“anzufragen. Inzwischen haben wir in zwei weiteren Filmen zusammen gespielt. Das ergibt sich einfach so. Und plötzlich arbeitet man gern mit jemandem zusammen.
SN: Sie gehören zu den ganz wenigen Schauspielern, die konsequent gleichermaßen für Theater, Film und Fernsehen tätig sind. Was hat das für eine Bewandtnis?
Das Theater ist für mich das Wesen meiner Arbeit als Schauspieler. Die Bühne ist für mich essenziell und notwendig. Deshalb spiele ich auch künftig Theater – demnächst „Warten auf Godot“in Berlin, „Macht und Widerstand“in Hannover und im Herbst die nächste Premiere mit Jean Genets „Die Zofen“am Deutschen Theater.
SN: Sie verkörpern selten eine Figur, die über mehrere Folgen gezogen wird. Der Carlos in „Allmen“ist so eine . . .
. . . und nun habe ich die Folgen drei und vier von „Der Tel-Aviv-Krimi“abgedreht. Da ist die Rolle des israelischen Inspektor Jakoov Blok, die ich weiterspielen möchte.
SN: Ihr bisher bekanntester Part war jener des Psychologen in der Reihe „Flemming“(2009–2012). Warum ist diese Konstellation zerbrochen? Ist der Flemming für alle Zeiten begraben?
Ich habe es geliebt, denn die Reihe hatte ein enormes Spektrum, auch in den Dialogen. Es hat einfach gepasst. Man kann das Leben aber nicht zwingen.