Die schrecklichen Relativierer
Wer findet den Unterschied zwischen dem Kopftuch einer Moslemin und dem Kopftuch einer Bauersfrau?
Die Zuwanderung ist die Sorge Nummer eins der Österreicherinnen und Österreicher. Das hat eine Studie des GfK-Instituts im Auftrag des Integrationsfonds herausgefunden, über die dieser Tage auch die SN berichtet haben. Sind also die Österreicher eine Horde von Fremdenfeinden? Keineswegs. Im Gegenteil. Wer sich die Detailergebnisse der Studie zu Gemüte führt, dem wird klar, dass die Sorgen der Österreicher einen rationalen Kern haben – und dass ihnen mit politischen Maßnahmen sehr leicht der Boden entzogen werden könnte. Fremdenfeindlichkeit sieht anders aus.
Die größten Sorgen betreffen die „Verbreitung eines radikalen Islam“, der 73 Prozent der 1000 Befragten Kopfzerbrechen bereitet. Ebenfalls 73 Prozent befürchten Schwierigkeiten bei der „Integration in Schule und Arbeitswelt“. Fast ebenso viele nannten „den Ansturm von Flüchtlingen und Asylbewerbern/-innen“als große Sorge. Alle drei Problemkreise sind unzweifelhaft vorhanden, sie entspringen also keineswegs einer dumpfen fremdenfeindlichen Grundhaltung. Und: Für alle drei Problemkreise gibt es politische (und sicherheitspolitische) Lösungsmöglichkeiten. Die Sorge der Österreicher vor der Zuwanderung ist also nicht naturgegeben, und sie ist nicht in Stein gemeißelt. Sie ist vielmehr ein Handlungsauftrag für die Politik.
Bemerkenswert sind auch die Antworten der Österreicher auf die Frage, welche Werte es
Auch in Saudi-Arabien gibt es keine Schwulenehe
denn seien, die man den Zuwanderern in erster Linie vermitteln solle. 97 Prozent nannten: „Dass in Österreich Frauen und Männer gleiche Rechte und Pflichten haben.“96 Prozent forderten, „dass das staatliche Recht im Zweifelsfall über den religiösen Geboten steht“. Und 94 Prozent, „dass Menschen nicht wegen ihrer Religion diskriminiert werden dürfen“. Die überwältigende Zustimmung zu den drei genannten Werten stellt dem rechtsstaatlichen Verständnis der Befragten ein hervorragendes Zeugnis aus. Denn es handelt sich dabei um die zentralen Grundwerte einer westlichen Demokratie, und es ist erfreulich, dass sich die Österreicher ohne Wenn und Aber dazu bekennen. Und dieses Bekenntnis auch von Zuwanderern einfordern. Ohne falsche Rücksichtnahme auf allfällige kulturelle Unterschiede, die es möglicherweise mit sich bringen, dass die besagten zentralen Grundwerte in der Heimat der Zuwanderer nicht ganz so hoch geschätzt werden wie hierzulande. Oder überhaupt nicht vorhanden sind.
Der Verzicht der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit auf falsche Rücksichtnahmen ist umso bemerkenswerter, als führende Politiker mitunter bei ebendiesen falschen Rücksichtnahmen ertappt werden. Etwa der Bundespräsident, wenn er keinen Unterschied zu erkennen vermag zwischen dem Kopftuch einer frommen Moslemin und dem Kopftuch einer biederen Bauersfrau. Oder wenn er die Ressentiments der heutigen Österreicher gegen die Trägerinnen eines moslemischen Kopftuchs in Verbindung bringt mit den Ressentiments der einstigen NS-Despoten gegen die Träger eines Judensterns. Was der Bundespräsident offensichtlich für gelebte Toleranz hält, ist in Wahrheit ein bedenklicher politischer Relativismus, der alles und jedes gleichsetzt. Kopftuch ist gleich Kopftuch. Heutige Skepsis gegen moslemische Mitbürger ist gleich damalige Verfolgung der Juden. Alles ist gleich gut, alles ist gleich böse. Von hier ist es nur ein kleiner Schritt zum Papst, der, wie er jüngst zu Protokoll gab, keinen Unterschied zu erkennen vermag zwischen einem EU-Flüchtlingslager und einem Nazi-Konzentrationslager. Bundespräsident, Papst und sonstige Würdenträger mögen sich ein Beispiel nehmen an den Teilnehmern der besagten GfK-Umfrage, die einen solchen Relativismus strikt zurückgewiesen haben.
Auch etlichen anderen Spitzenpolitikern kann die Lektüre der erwähnten Umfrage nur eindringlichst ans Herz gelegt werden. Beispielsweise Spitzenpolitikern der ÖVP. Laut Umfrage sind 90 Prozent der Österreicher der Meinung, „dass Menschen nicht wegen ihrer sexuellen Neigung diskriminiert werden dürfen“. Hier eilt die Volksmeinung meilenweit der ÖVP voran, die eine Gleichstellung von Homos und Heteros immer noch hintertreibt. Hoffentlich wird das Problem gelöst, ehe die schrecklichen Relativierer dahinterkommen, dass es ja auch in Saudi-Arabien und im Iran keine Schwulenehe gibt.