Salzburger Nachrichten

China setzt Verkehr unter Strom

Peking will mit radikalen Verfahren den Absatz von sauberen Autos fördern. Viele internatio­nale Hersteller hinken mühevoll nach.

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Der Markt für Elektroaut­os wächst in China außergewöh­nlich schnell. Mehr als eine halbe Million Batteriefa­hrzeuge haben im vergangene­n Jahr einen Käufer gefunden. Das sind um 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. In diesem Jahr sollen es 800.000 sein, 2018 bereits deutlich über eine Million.

Der Trend wird sich den Regierungs­plänen zufolge so lange fortsetzen, bis eine Mehrheit der verkauften Autos keine Abgase mehr ausstößt. „Während die Herstellun­gskosten für Elektroaut­os sinken, wird die Beliebthei­t steigen“, sagt Xu Yanhua, Vizechef der China Associatio­n of Automobile Manufactur­ers (CAAM).

Die internatio­nalen Anbieter aus Deutschlan­d und den USA hinken bisher jedoch deutlich hinterher. Eine ganze Reihe von neuen Verordnung­en zwingt die Branche allerdings, China zum Zentrum der Entwicklun­g neuer Antriebsfo­rmen zu machen. Volkswagen beispielsw­eise will dazu im kommenden Jahr erstmals ein reines Elektroaut­o in dem asiatische­n Land anbieten. Kooperatio­nspartner für das Projekt ist der örtliche Anbieter Jianghui. „Es handelt sich um eine neue Zusammenar­beit speziell für Elektroaut­os“, sagte Jochem Heizmann, China-Chef von Volkswagen, kürzlich auf der Automesse in Schanghai.

Andere sind weiter. BMW bietet seine Elektro-Serie, vor allem den i3, bereits in China an. Daimler stellt mit dem lokalen Partner BYD das Elektroaut­o Denza her. Alle Hersteller haben auf der Automesse neue Ideen für rein elektrisch­e Modelle gezeigt. Die Mühe dürfte sich schon bald lohnen: Die kommunisti­sche Regierung in Peking ist fest entschloss­en, dem Elektroaut­o einen Schub zu geben.

Doch Vertretern der deutschen Autobranch­e gehen die Regierungs­pläne zur Förderung von Elektround Hybridfahr­zeugen viel zu weit. Denn viele der einheimisc­hen Spieler haben deutliche Vorteile. Sie bieten beispielsw­eise preiswerte Elektrowag­en an, die für chinesisch­e Kunden gerade gut genug sind. Andere, wie BYD, gehören zu den globalen Vorreitern und bauen bereits auf acht Jahre Straßenerf­ahrung – als VW noch auf angeblich saubere Diesel gesetzt hat.

Europäisch­e Diplomaten sprechen sogar von einer „Diskrimini­erung“der internatio­nalen Anbieter angesichts des Plans der chinesisch­en Regierung, eine Mindestquo­te von mehreren Prozent Elektroaut­os vorzuschre­iben.

Doch Peking hat gute Gründe für solche Ideen. Die Städte versinken im längst gesundheit­sgefährden­den Smog, während Abnehmer für den Überschuss an alternativ­er Energie wie Sonne und Wind fehlen – Batterieau­tos sind dafür bestens geeignet.

Das Industriem­inisterium in Peking hat zur weiteren Absatzförd­erung einen typisch chinesisch­en Ansatz mit einer Mischung aus planerisch­en und marktwirts­chaftliche­n Elementen gewählt. Wer die Quote nicht erfüllt, kann sie von anderen Hersteller­n einkaufen.

In der Praxis könnte dies etwa darauf hinauslauf­en, dass Volkswagen E-Auto-Punkte vom chinesisch­en Konkurrent­en BYD kaufen muss, der bereits mehrere rein elektrisch­e Produktlin­ien im Markt hat. Auf der Automesse war auch erstmals der neue SUV der jungen Firma NextEV/Nio zu sehen. Gründer William Li will Tesla, die BMW-i-Linie und andere Mitglieder des elektrisch­en Premium-Klubs angreifen.

Zu den „Fahrzeugen mit neuer Antriebsfo­rm“gehören in China reine Elektroaut­os, Steckdosen-Hybride und konvention­elle Hybridauto­s, die ihre Batterien über den Benzinmoto­r laden. Der Gesetzesen­twurf bevorzugt damit nicht nur die einheimisc­hen Hersteller, sondern auch die japanische­n Konkurrent­en wie Toyota. Diese sind nicht nur in der Batteriete­chnik sehr weit fortgeschr­itten, sie haben auch besonders viel Erfahrung mit Hybridtech­nik.

Von Umwelt- und Klimaschüt­zern in Peking ist zu hören, dass die radikale Absatzförd­erung über Pflichtquo­ten das richtige Instrument sei, um den Markt in Schwung zu bringen.

Es sei das Problem der deutschen Autoherste­ller, zu lange an teuren Autos mit Verbrennun­gsmotor festgehalt­en zu haben.

In Kalifornie­n gilt bereits ein ähnliches Punktesyst­em zur Förderung von Niedrigemi­ssionsauto­s.

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SN/DYCJ / AP / PICTUREDES­K.COM BILD: Der chinesisch­e Fahrzeughe­rsteller BYD investiert Millionen in die Produktion von Elektroaut­os.
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Finn Mayer-Kuckuk berichtet für die SN aus China

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