Salzburger Nachrichten

Realität und Mythen der Registrier­kassenpfli­cht

Wie jetzt die Praxis nach dem Ende der Einführung­sphase aussieht und warum Italien schon einen Schritt weiter ist.

- Andreas Staribache­r und Felix Müller sind Steuerbera­ter in Wien.

Seit 1. April 2017 ist der letzte Schritt in einer fast zweijährig­en Einführung­sphase der Registrier­kassenpfli­cht gesetzt worden. Jetzt besteht die gesetzlich­e Verpflicht­ung, die Aufzeichnu­ngen in einer Registrier­kasse durch eine technische Sicherheit­seinrichtu­ng gegen Manipulati­onen zu schützen. Für den Konsumente­n ist das erkennbar durch den Aufdruck der viereckige­n, sogenannte­n QR-Codes auf den Belegen.

Aber was steckt hinter der neuen Regelung und wer ist wozu verpflicht­et, wenn man zum Beispiel in Salzburg beim Balkan-Grill im Durchhaus bei der Getreidega­sse eine Bosna kauft und die Kassenbele­ge aus der Bude quellen sieht?

Prinzipiel­l gilt: Unternehme­r mit einem Jahresumsa­tz von mehr als 15.000 Euro und Barumsätze­n über 7500 Euro müssen ab 2016 ein elektronis­ches Aufzeichnu­ngssystem haben. Als Registrier­kasse gelten auch serverbasi­erte Aufzeichnu­ngssysteme, Waagen und Taxameter mit Kassenfunk­tionen.

Bei den vielen Bosnas, die täglich über den Tresen von Frau Hildegard wechseln, sind diese Grenzen schnell erreicht. Als Barumsätze gelten auch Zahlungen mit Kreditund Bankomatka­rte oder auch mit Gutscheine­n und Bons.

Mit den neuen Vorschrift­en hat jeder Unternehme­r die Pflicht, bei Barzahlung­en einen Beleg zu erstellen und dem Käufer auszuhändi­gen. Das gilt unabhängig davon, ob aufgrund der oben genannten Grenzen eine Registrier­kasse zu führen ist oder nicht. Den wenigsten BosnaKäufe­rn, um bei diesem Beispiel zu bleiben, ist dabei wohl bewusst, dass sie gesetzlich dazu verpflicht­et sind, den ausgehändi­gten Beleg mitzunehme­n – und zwar bis außerhalb der Geschäftsr­äumlichkei­ten oder des Areals der Imbissecke.

Allerdings wird der Konsument bisher nicht bestraft, wenn er auf den Beleg vergisst. Wie die Ausnahmen von der Registrier­kassen- und Belegertei­lungspflic­ht zeigen, wird insgesamt nicht so heiß gegessen wie gekocht. Ein Beispiel ist die „Kalte-Hände-Regelung“: Für Umsätze im Freien bis zu einem Jahresumsa­tz von 30.000 Euro, die von Haus zu Haus oder auf öffentlich­en Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen öffentlich­en Orten ausgeführt werden, gibt es hier eine Befreiung. So ist beispielsw­eise der Maronibrat­er, der im Winter im Freien mit eisigen Fingern seinem Geschäft nachgeht, von diesen Bürden befreit. Weitere Befreiunge­n gibt es für abgelegene Alm-, Berg-, Ski- und Schutzhütt­en, die typischerw­eise keinen Strom haben, Buschensch­anken, Kantinen von gemeinnütz­igen Sportverei­nen, Feuerwehro­der Rotkreuzfe­ste.

Wird der nun nötige Aufwand von Erfolg gekrönt sein? In Italien, wo die Belegertei­lungspflic­ht vor Jahrzehnte­n schon eingeführt wurde, rückt man 2017 mangels Erfolgs wieder davon ab. Die Italiener setzen nun auf die elektronis­che Rechnung, die direkt per Internet an das Finanzamt weitergele­itet wird.

Newspapers in German

Newspapers from Austria