Trauen Sie keinem Koch, der nicht stolz auf sein Scheitern ist
Seit der Mensch Nahrung zu sich nimmt, macht er einen Fehler nach dem anderen. Und das wird hoffentlich lang so bleiben.
Fehler sind super. Das behauptete kürzlich der Werfener Koch Rudi Obauer vor Hunderttausenden Zuhörern auf Bayern 3 in der Sendung „Mensch, Otto!“. Auf die Frage, warum er sich die Fragen für das Interview nicht vorab schicken lassen wollte, antwortete er: „Wieso sollte ich? Kommt ja nichts raus dabei. Das nimmt mir die Chance, spontan zu sein, und verfälscht die Wahrheit.“Der Moderator war verblüfft und Obauer legte nach: „Vor allem nähme es mir die Chance, Fehler machen zu dürfen, diese später einzugestehen und es beim nächsten Mal besser zu machen.“
Willkommen in der Welt der guten Küche. Diese wäre nämlich ohne Fehler, Missgeschicke oder Unfälle eine ziemlich rohe Angelegenheit. So wird etwa heute davon ausgegangen, dass es nur Missgeschicken von Steinzeitmenschen zu verdanken war, dass plötzlich Fleisch mit Feuer gegart wurde. Von da an sollten noch viele Fehler unsere Kochkunst verfeinern.
Auch den Roquefort soll es ja nur geben, weil ein Schäfer eines Tages in den Cevennen seinen Schafkäse in einer Höhle vergaß. Später habe er – so die Legende – aus Neugierde den mit Schimmelpilz befallenen Käse gekostet. Und siehe da: Der Geschmack war überwältigend. Auch die Weißwürste dürften nur auf die schlampige Planung des bayerischen Metzgers Sepp Moser zurückzuführen sein. Als sein Brät für Kalbsbratwürstel fertig war, habe er bemerkt, dass er keine Schafsaitlinge mehr zum Füllen hatte. Also füllte er es kurzerhand in Schweinsdärme. Die konnten nicht mehr gebraten werden, weil sie sonst geplatzt wären. Also kochte er jene Wurst, die sogar Namensgeber für eine Grenzlinie namens „Weißwurstäquator“wurde.
Auch der Nationalstolz der Briten, der EarlGrey-Tee, gründet sich auf einem Missgeschick. In einem Schiffsbauch ergoss sich Bergamottöl über chinesischen Tee. Der vermeintliche Verlust entpuppte sich als aufgepeppte Köstlichkeit. Auch über die Entstehung der Süßweine gibt es viele Legenden. Süßweine werden aus angefrorenen und angefaulten Trauben gekeltert. So soll es die Riesling Spätlese nur deshalb geben, weil sich ein Kurierreiter mit der Ernteerlaubnis vertrödelte.
Weniger ein Fehler als eine ungenießbare Zumutung ist die Zubereitung von Kopi Luwak. Das ist eine Kaffeesorte, die aus den Exkrementen einer Schleichkatzenart gewonnen wird. Dieser „Fehler“kommt aber nur die Konsumenten teuer zu stehen. Ein Kilogramm kostet 250 Euro. Die Kunst des ewigen Scheiterns fasste Samuel Beckett für uns so zusammen: Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern. Denn was kommt raus, wenn man alle Fehler ausmerzt? Fertiggerichte.