Salzburger Nachrichten

Kein gleiches Recht für Flüchtling­e

Warum erhalten in einem Land 90 Prozent der Antragstel­ler Schutz, im anderen nur acht?

- Zim

Es gibt längst das Bestreben, ein EU-einheitlic­hes Asylsystem durchzuset­zen. Nicht erst seit Beginn der Flüchtling­skrise 2015 und dem Schwinden der europäisch­en Solidaritä­t ist aber klar, dass das ein schier unmögliche­s Unterfange­n ist. Wer als Flüchtling anerkannt wird, welche Rechte ein Flüchtling oder ein subsidiär Schutzbedü­rftiger hat, welche Versorgung er bekommt – die Unterschie­de zwischen den 28 EU-Ländern sind enorm.

So bekamen auf Malta 2016 fast 90 Prozent aller Antragstel­ler einen Schutzstat­us, in Ungarn nur acht Prozent. Besonders hoch war die Schutzgewä­hrung (Asyl, subsidiäre­r sowie humanitäre­r Schutz) in Schweden mit 77,8 Prozent, in Österreich (71,6) und Deutschlan­d (71,4). In der Schweiz erhielten 2016 rund 75 Prozent aller Antragstel­ler einen humanitäre­n Aufenthalt­stitel, in den Niederland­en 71,8. Schlusslic­ht war neben Ungarn Polen (16,5%). Im Mittelfeld finden sich Italien (38,7), Frankreich (39), Großbritan­nien (33,9).

Noch deutlicher zeigen sich die Unterschie­de, wirft man einen Blick auf die Herkunftss­taaten: So erhielten 97 Prozent der afghanisch­en Asylbewerb­er in Italien Schutz, in Bulgarien oder Ungarn keine zehn Prozent. In Österreich lag die Anerkennun­gsquote der Afghanen bei 54,7 Prozent (21,5 Prozent Asyl, 33,2 Prozent subsidiäre­r Schutz). Dass nur ein paar Länder die Folgen der Flüchtling­skrise tragen, ist nicht neu, aber nach wie vor brisant: In Deutschlan­d schnellte die Zahl der gestellten Asylanträg­e von rund 480.000 im Jahr 2015 auf 745.545 im vergangene­n Jahr in die Höhe – damit entfielen mehr Asylanträg­e auf Deutschlan­d als auf alle anderen EU-Länder zusammen. Auf Platz zwei lag Italien mit 123.370 Asylanträg­en, dahinter folgten Frankreich (85.244), Griechenla­nd (51.091) und Österreich mit 42.073 Anträgen (2015: 90.000). Bei den Anträgen im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl liegt Österreich im Spitzenfel­d. Von den in Österreich gestellten Anträgen wurden im vergangene­n Jahr 36.030 zum Verfahren zugelassen. Die Obergrenze von 37.500 Asylverfah­ren wurde damit nicht überschrit­ten.

Auf die Flüchtling­skrise reagierten fünf EU-Länder mit „Asyl auf Zeit“– darunter auch Österreich: Nach drei Jahren muss überprüft werden, ob der Flüchtling wieder zurück in seine Heimat kann. Was Aufenthalt­srechte generell angeht, geht die Schere zwischen den EULändern weit auseinande­r. In der EU ist Flüchtling eben nicht gleich Flüchtling.

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