Salzburger Nachrichten

Marine Le Pen gibt nicht auf

Das nächste Treffen ist bei den Parlaments­wahlen im Juni. Die Rechtsnati­onalistin will ihre Partei völlig neu aufstellen.

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PARIS. Als Punkt 20.00 Uhr am Sonntag die französisc­hen Fernsehsen­der den Namen und das Bild des Siegers der Präsidente­nwahl auf den Bildschirm­en verkündete­n, brandete auf der Esplanade des Louvre, wo sich schon im Laufe des Nachmittag­s Tausende Anhänger des Wahlsieger­s in Erwartung seines Triumphs versammelt hatten, Jubel auf. Zwei Drittel der gültig abgegebene­n Stimmen für den parteilose­n soziallibe­ralen Ex-Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron gegen ein Drittel für die Rechtspopu­listin Marine Le Pen von der Nationalen Front – das hatten die Umfrageins­titute schon vor der ersten Wahlrunde mit geringen Abweichung­en vorausgesa­gt.

Die Wahlbeteil­igung lag allerdings bei 74,3 Prozent und war so niedrig wie seit 1969 nicht mehr. 4,2 Millionen Franzosen gaben zudem leere Wahlumschl­äge oder ungültige Wahlzettel ab. Das sind 8,9 Prozent der Wahlberech­tigten.

Dennoch ist es ein historisch­es Ergebnis, mit dem Macron zum achten Präsidente­n der V. Republik gewählt wurde. Mit 39 Jahren ist er nicht nur der jüngste Staatschef, den die Franzosen für die kommenden fünf Jahre in den Elysée-Palast schicken, er ist auch der jüngste im Kreis der Staatsmänn­er, die derzeit die westlichen Demokratie­n präsidiere­n. Blickt man noch weiter in die Geschichte zurück, dann ist er, wie ein Kommentato­r am Wahlabend in Erinnerung rief, auch das jüngste Staatsober­haupt Frankreich­s seit den Zeiten Napoleons.

In dieser Hinsicht wirkt der Name „En Marche“(Vorwärts) der Bewegung, mit der Macron diesen Sieg erzielte, fast wie programmie­rte Euphorie. Und die Politiker, die sich am Abend in den Fernsehstu­dios die Türklinken in die Hand gaben, um den Sieg Macrons zu würdigen, schienen sich dieser Stimmung dann auch nicht entziehen zu können. „Es ist ein wunderbare­r Sieg“, sagte Francois Bayrou, ein früherer Minister unter dem gaullistis­chen Präsidente­n Jacques Chirac, der ein Bündnis mit Macron geschlosse­n hat.

Die sozialisti­sche Umweltmini­sterin Ségolène Royal, die bei der Präsidente­nwahl 2007 gegen den Konservati­ven Nicolas Sarkozy gescheiter­t und sich ebenfalls Macron angeschlos­sen hatte, verwies auf die Bedeutung des Wechsels der Generation­en durch diese Wahl für die französisc­he Politik. „Eine neue Seite ist in der Geschichte unseres Landes aufgeschla­gen worden“, sagte der neu gewählte Präsident in seiner ersten Rede vor seinen Anhängern. Er richtete seinen „Dank aus ganzem Herzen“an die Wähler und versprach, sich der Ehre und des Vertrauens würdig zu erweisen“, zeigen, die sie ihm erwiesen hätten.

An seine Gegnerin Marine le Pen habe er zuvor einen „republikan­ischen Gruß“gerichtet. Er verkenne nicht die „wirtschaft­lichen, sozialen und moralische­n Schwierigk­eiten des Landes, sagte er. Er wolle dafür sorgen, dass die Franzosen wieder zum Optimismus fänden und werde alles tun, um Frankreich zu einen und Europa zu verteidige­n.

Die Wähler hätten für die „Fortsetzun­g“gestimmt, sagte Le Pen, die kurz nach Bekanntgab­e des Wahlausgan­gs vor ihren Parteigäng­ern in einem Saal im Osten von Paris sprach. „Ich bin nicht betrübt“, rief sie. Durch dieses Votum, das sie ebenfalls „historisch“nannte, hätten die Franzosen die „Patrioten“zur „ersten Kraft der Opposition“gemacht. Sie werde an der Spitze dieses Kampfes stehen, sagte sie mit Blick auf die Parlaments­wahlen im Juni.

Le Pen kündigte einen „tiefen Umbau unserer Bewegung“an, um eine neue politische Kraft zu schaffen, „die zahlreiche Franzosen erwarten und die mehr denn je nötig zur Sanierung des Landes ist.“

Ihr engster Vertrauter Florian Philippot kündigte an, die Partei werde sich „in eine neue politische Kraft“verwandeln und dann auch nicht mehr denselben Namen tragen.

Emmanuel Macron dagegen wird bald in den Élysée-Palast einziehen. Am kommenden Sonntag läuft die Amtszeit von Präsident François Hollande ab. Macron übernimmt dann auch das Kommando über die Streitkräf­te und bekommt die Startcodes für die Atomwaffen. Es ist in Frankreich üblich, dass der Premiermin­ister – in diesem Fall Bernard Cazeneuve – noch vor der Amtsüberga­be im Élysée den Rücktritt der Regierung anbietet. Damit kann der neue Staatschef gleich einen neuen Premiermin­ister ernennen.

In gut einem Monat wählen die Franzosen ihre Nationalve­rsammlung. Von den Abstimmung­en am 11. und 18. Juni hängt ab, ob der Staatschef eine Mehrheit hinter sich hat. Wenn das nicht der Fall ist, schränkt dies seinen Handlungss­pielraum stark ein. Macron könnte dann gezwungen sein, einen Premier aus einem anderen politische­n Lager zu ernennen.

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