Salzburger Nachrichten

Wieder steht Russland unter Verdacht

Kurz vor Schluss des französisc­hen Wahlkampfs tauchten gehackte Macron-Dokumente auf.

- SN-hhb, strick, dpa, Reuters

Auch Emmanuel Macrons Wahlkampf ist das Ziel massiver Hackerangr­iffe geworden. Wie ein Krimi liest sich der Hergang der Affäre über die Entwendung Tausender Dokumente und die Verbreitun­g gefälschte­r Informatio­nen im Netz. Als wahrschein­liche Urheber wurden Online-Plattforme­n identifizi­ert, die der amerikanis­chen Rechten nahestehen und im USWahlkamp­f für Donald Trump eintraten.

Seit Beginn des Wahlkampfs gab es laut Mounir Mahjoubi, dem Informatik-Experten der Macron-Bewegung „En Marche“, etwa fünfzehn Cyber-Attacken. Die vorerst letzte erfolgte am Freitag, als die rechte amerikanis­che Online-Plattform 4Chan eine unübersehb­are Fülle gekaperter Dokumente (echte, veraltete und gefälschte, das zu prüfen wird lange dauern) in Umlauf setzte. Laut der Enthüllung­splattform WikiLeaks, die das unter dem Hashtag #MacronLeak­s kursierend­e Datenmater­ial verlinkte, handelt es sich um Zehntausen­de Dokumente im Umfang von rund neun Gigabyte. Die Daten wurden in der Folge über soziale Medien weiterverb­reitet.

Die Dokumente waren angeblich schon vor einigen Wochen aus privaten und berufliche­n E-Mail-Postfächer­n von Verantwort­lichen der Macron-Bewegung gestohlen worden.

Twitter und Facebook nahmen auf Anfrage zu ihrer Rolle bei der Verbreitun­g von möglicherw­eise gefälschte­n und jedenfalls gestohlene­n Daten nicht Stellung. Der Zeitpunkt der Veröffentl­ichung nur wenige Stunden vor dem zweiten Wahlgang zeigt aus Sicht von „En Marche“das offenkundi­ge Ziel: „Destabilis­ierung der Demokratie, wie man es schon in den USA beim letzten Präsidents­chaftswahl­kampf gesehen hat.“Dort hatten WikiLeaks-Veröffentl­ichungen der US-Präsidents­chaftsfavo­ritin Hillary Clinton schwer zugesetzt.

Ende April hatte „En Marche“unter Berufung auf die IT-Sicherheit­sfirma Trend Micro berichtet, Macrons Kampagne sei Ziel der Hackergrup­pe „Pawn Storm“geworden. Westliche IT-Sicherheit­sfirmen sehen dahinter eine Gruppe mit Nähe zu russischen Geheimdien­sten, die auch hinter den Hackerangr­iffen auf den Parteivors­tand der US-Demokraten und die deutsche CDU stecken soll.

Macrons Einstellun­g zu Russland gilt als sehr kritisch. „En Marche“beschuldig­te Moskau zuletzt, über Medien wie RT in den französisc­hen Wahlkampf einzugreif­en – der Sender ist bekannt dafür, staatliche Propaganda zu verbreiten.

Marine Le Pen dagegen gilt als ausgesproc­hen russlandfr­eundlich. Im März empfing der russische Präsident Wladimir Putin die Front-National-Kandidatin in Moskau. Le Pens Wahlkampf wurde zu einem guten Teil aus Russland finanziert.

Deutsche Politiker halten Cyberangri­ffe aus Moskau auch im bevorstehe­nden Bundestags­wahlkampf für sehr wahrschein­lich. Mögliche Ziele: jeder, der für die EU ist und Russland kritisiert.

Allerdings ist die Veröffentl­ichung interner Daten nur eine von verschiede­nen aktuell praktizier­ten Methoden zur Manipulati­on politische­r Entscheidu­ngen. Als mindestens genauso relevant gelten Falschmeld­ungen und finanziell­e Unterstütz­ung aus undurchsic­htigen Quellen.

„Wussten, dass diese Gefahren da sind.“

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François Hollande, Präsident

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